Sudetendeutscher Verlag Franz Kraus

Sudetendeutscher Verlag Franz Kraus, Reichenberg

Selbstdarstellungen und Porträts

Der Sudetendeutsche Verlag.
Wie dieser mein Verlag entstand.
Von Franz Kraus.

Sudetendeutscher Verlag Franz KrausWenn ich schildern soll, wie der Sudetendeutsche Verlag begründet wurde, so muß ich etwas weiter zurückgreifen. Einer erzgebirgler Bergmannsfamilie aus der Plattener Gegend entstammend, die in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in das Pilsener Steinkohlenbecken übersiedelte – mein Großvater war Obersteiger auf den Mantauer Schächten, mein Vater auf dem Austriaschacht und Zieglerschacht als Beamter, Bergmeister und später auf den Concordia-Schächten als Bergdirektor tätig –, widmete ich mich schon frühzeitig dem Buchhandel und erlernte ihn in Pilsen in der Buchhandlung Steinhauser, die damals der bekannten Buchhändlerfamilie Steinhauser-Hansen gehörte. Meine Wanderjahre führten mich im Herbst 1900, einundzwanzig Jahre alt, in die alte Kaiserstadt Aachen, zu dem angesehenen Buchhändler Rodrigo Weyers. Während ich da in Aachen arbeitete und den reichsdeutschen Buchhandel kennenlernte, begann in Prag die Monatsschrift „Deutsche Arbeit“ als eine künstlerisch-literarische Stammesrundschau zu erscheinen. Ihre gehaltvollen Hefte brachten mir Grüße aus dem Heimatlande im Osten. Diese von Prof. Dr. Sauer herausgegebene und von Prof. Dr. Hauffen geleitete Monatsschrift erweckte aber zugleich immer stärker meine Anteilnahme.

Mein weiterer Weg führte mich im Sommer 1902 nach Prag. Ich trat in die J.G. Calvesche Hof- und Universitätsbuchhandlung ein, deren Besitzer Josef Koch unter den wissenschaftlich eingestellten Buchhändlern einer der angesehensten war. Das brachte mich bald den literarisch und wissenschaftlich tätigen Führer-Persönlichkeiten der Deutschen Böhmens näher und ich kam mit ihnen in unmittelbare Berührung. Sauer, Hauffen, Krettner, Brömse und Theile bildeten den Kreis um die „Deutsche Arbeit“, die aber im Lande noch lange nicht die Verbreitung hatte, die ihr gebührte. Ich sah es deshalb für eine verdienstliche Sache an, für die Verbreitung der wertvollen Monatsrundschau nach Kräften einzutreten. Kurz nach dem Ableben Josef Kochs verließ ich meine Stellung bei Calve und übernahm nun auf eigene Rechnung den Vertrieb der Zeitschrift „Deutsche Arbeit“; ich besuchte selbst die in Betracht kommenden Persönlichkeiten in den verschiedensten Teilen unseres deutschbewohnten Gebietes, und es gelang mir, den Bezieherkreis wesentlich zu vergrößern und tragfähiger zu gestalten. Meine Tätigkeit fand eine gute Aufnahme in den weitesten Kreisen, trotz der gegen Prag gerichteten Einstellung der Deutschen im Lande.

Der Ausbruch des Weltkrieges bereitete allerdings meiner persönlichen Werbetätigkeit ein Ende. Dr. Hermann Ullmann hatte schon zwei Jahre zuvor die Schriftleitung der Zeitschrift übernommen und gestaltete sie um, indem er ihr einen stärkeren politischen Einschlag gab und die Verbindung mit der Schutzarbeit und den Schutzvereinen pflegte. Nach einem ersten Aufschwung verlor sie aber, hauptsächlich infolge der Kriegsverhältnisse, wieder an Boden und in den heimatlich eingestellten Kreisen nahm die Anteilnahme ab, zumal Dr. Ullmann seinen Wohnsitz in Berlin hatte; von der „Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen“ wurde sie nicht mehr mit betreut. Stets von der Hoffnung beseelt, die angesehene Heimatrundschau bei passender Gelegenheit wieder heimatlicher zu gestalten, hielt ich die Verbindung aufrecht, bis mir eine Anklage nach dem Schutzgesetz ihre Weiterherausgabe als „inländische“ Zeitschrift unmöglich machte; sie mußte in der Folge als ausländische Veröffentlichung erscheinen.

Auch den kommissionsweisen Vertrieb der vom „Deutschen Verein zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse“ in Prag herausgegebenen Veröffentlichungen in der Reihe „Sammlung gemeinnütziger Vorträge“ und die zu Anfang des Weltkrieges von ihm unter der Schriftleitung des Wiener Dichters Stüber-Günther herausgegebenen „Deutsch-österr. Grüße ins Feld“ hatte ich mit übernommen. Viele Zehntausende dieser „Grüße ins Feld“ und Folgen der „Sammlung gemeinnütziger Vorträge“ konnten unseren Braven in den Schützengräben und auf den Kriegsschiffen und U-Booten als Grüße aus der Heimat und oft einziger Lesestoff mit Heften der „Deutschen Arbeit“ als Gaben von den Herausgebern nachgeschickt werden. An der Spitze des Vereins standen damals Univ.-Prof. Dr. Adolf Hauffen, und als Geschäftsführer Dr. Gustav Peters, der es ausgezeichnet verstand, die richtigen Vorträge auszuwählen.

Der Umsturz führte mich nach Reichenberg. Das Palais Clam-Gallas in Prag, welches die genannte Gesellschaft und die von ihr beigestellten Verlagsräume der „Deutschen Arbeit“ beherbergte, wurde vom Staate beschlagnahmt. Die „Gesellschaft“ fand im Palais der Landeskommission für Kinderschutz und Jugendfürsorge auf der Kleinseite Unterkunft. Aber auch dieses Gebäude wurde vom Staate in Besitz genommen, so daß die Landeskommission in das geschlossene deutsche Gebiet übersiedeln mußte. Erziehungsrat Doktor Hugo Heller fand Aufnahme in Reichenberg und übersiedelte in entgegenkommender Weise auch die Bestände der „Deutschen Arbeit“ mit nach Reichenberg, wofür ich ihm an dieser Stelle noch vielen Dank sage. So führte mich eine Fügung des Schicksals in die Stadt, die immer mehr zum kulturellen Vorort der Deutschen in Böhmen werden sollte, ich gründete hier meinen Verlag samt Buchhandlung.

Über den Verlagsnamen unterhielt ich mich mehrfach mit meinem väterlichen Freund und Gönner Hofrat Sauer, ebenso über die verschiedenen Verlagspläne. Sauer schlug mir u.a. den Namen „sudetenländisch“ vor. Ich wählte das Wort „sudetendeutsch“. Die Bezeichnung „Sudetendeutscher Verlag“ wurde aber von der Postbehörde zunächst nicht zugelassen, das heißt die Poststücke wurden nicht befördert. Erst auf mein Einschreiten hin bewilligte die Postdirektion die Bezeichnung „Sudetendeutscher Verlag“, und zwar „bis auf weiteres“. Inzwischen ließ ich den Firmawortlaut ins Handelsregister eintragen. Die Bezeichnung „sudetendeutsch“ ging nun aber bald in unsern deutschen Wortschatz über und viele Verbände, Vereine, Zeitschriften und Zeitungen legten sie sich nach der von mir durchgesetzten behördlichen Duldung zu. Es war ja notwendige, eine gemeinsame Benennung für die Deutschen in dem neuen Staatswesen zu finden.

In meinem Verlag vereinigte ich bald eine Reihe von Veröffentlichungen, die von der „Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur“, der jetzigen „Deutschen Gesellschaft der Wissenschaften und Künste für die Tschechoslowakische Republik“ herausgegeben wurden. Weiter erwarb ich die von Josef Jäger und O. Baudisch gegründete Zeitschrift „Rübezahl“, eine politisch-satirische Zweiwochenschrift mit Bildern, die von dem Schriftsteller Friedrich Jaksch geleitet wurde, später von Schriftsteller Josef Wolf und schließlich von Willi Pleyer, worauf ich sie Herrn Nöhrig verkaufte. Als neue Veröffentlichung trat nun die Monatsschrift „Heimatbildung“ auf den Plan, der die „Sudetendeutsche Bücherei“, die „Sudetendeutschen Heimatgaue“, „Sudetendeutsches Volk und Land“, der „Heimatschulmeister“ und viele andere Schriftenreihen folgten. Diese und andere in meinem Verlag herausgegebenen Werke, die unser Land und seine Geschichte und Lage behandeln, haben als wichtige Aufklärungsschriften ihre Wirkung nicht verfehlt.

Die „Böhmerland-Woche“ in Triebsch vom Jahre 1919 war insbesondere von entscheidender Bedeutung für diesen Neuaufbau wie überhaupt für die Anbahnung einer neuen sudetendeutschen Bildungsbewegung, ja der sudetendeutschen Bewegung überhaupt. Hier trafen sich mit Vertretern der Jugendbewegung Dr. Gierach, Dr. Lehmann, Oberlehrer Blau, Prof. Metzner, die Fachlehrer Göth, Herzog und Syrowatka u.a. Hier wurde die Zeitschrift „Heimatbildung“ begründet als Arbeitsblatt für die neue heimatlich einzustellende Erwachsenenbildung. Unter der Leitung von Lehmann und Blau hat sie bereits den elften Jahrgang erreicht und ihre angesehene Stellung behauptet. Die Zusammenarbeit mit diesem Kreis, den ich in Triebsch selbst kennenlernte – Lehmanns Büchlein „Heimatkundliche Volkserziehung“ hält die Stimmung dieser Tage am besten fest –, fiel auf fruchtbaren Boden. Viele von den Anregungen, die dort ausgestreut wurden, sind auf verschiedenen kulturellen Gebieten inzwischen verwirklicht worden. So wurde unter anderm auch der „Deutsche Verband für Heimatforschung und Heimatbildung“, Sitz Aussig, geschaffen sowie unser größter Volksbildungsverband, die „Gesellschaft für deutsche Volksbildung in der Tschechoslowakischen Republik“, die ihren Sitz 1928 nach Reichenberg verlegte; beiden dient die „Heimatbildung“ als Organ. Auch persönlich waren diese neuen Arbeitsverbindungen von Bedeutung:

An der Sprachgrenze aufgewachsen, hatte ich die stürmischen Jahre 1897, 1907, 1908, 1914 aus allernächster Nähe mitangesehen und miterlebt, und indem ich die kulturelle Tätigkeit unserer Großen verfolgte, wies mir nun all dies den Weg, den unser sudetendeutsches Volk zu gehen hätte, auf den es geführt werden müßte.

Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit mit den geistig Schaffenden unserer letzten 25 Jahre, insbesondere mit den Führern unserer Heimatbewegung und Bildungsarbeit, die mir in ihrer unermüdlichen Arbeitsfreude und in ihrer unbeugsamen Willenskraft vielfach zum Vorbild dienten, spiegelt auch das Bücher- und Schriftenverzeichnis meines Verlages. Viele von diesen Schriften sollen, kulturpolitisch eingestellt, aufzeigen, was unser sudetendeutsches Volk bereits geleistet hat und noch ständig leistet, und sollen erweisen, daß es trotz aller Bedrängnis unseren Landesmitbewohnern ebenbürtig, ja in manchen Belangen eher überlegen ist: als Zweig der großen deutschen Nation.

Als Folge meiner buchhändlerischen und verlegerischen Tätigkeit wurde mir die Schriftleitung des Fachblattes unserer buchhändlerischen Organisationen „Der Buchhändler“ im Jahre 1921 übertragen. Ich regte zu dieser Zeit bei unserem heimischen Verlag die Schaffung einer „Bibliographie in den Sudetenlanden“, ähnlich der im Deutschen Reiche vom Börsenverein der deutschen Buchhändler in Leipzig geführten, an und sammelte die in unseren Sudetenländern erschienenen Veröffentlichungen für eine zukünftige deutsche Studienbibliothek im deutschen Siedlungsgebiete. Nach erfolgter Gründung der „Bücherei der Deutschen“ in Reichenberg, unserer von Hofrat Sauer schon 1909 angeregten deutschen Nationalbibliothek, wurden und werden ihr die für diese Bibliographie gewidmeten Stücke zugewiesen.

Im Jahr 1922 wurde ich Mitgründer des „Nordböhmischen Verlags Ges.m.b.H.“ in Reichenberg und dessen geschäftsführender Gesellschafter. Dieser Verlag ist ein ausgesprochener Schulbuchverlag. Bis zum Umsturz war Wien der Sitz des österreichischen Schulbuchverlages. Die Nachfolgestaaten bedingten eigene Lehrbücher für ihren Bereich. Der Nordböhmische Verlag in Reichenberg holte deshalb die einschlägigen und brauchbaren Lehrbücher aus dem nunmehr Ausland gewordene Österreich heim und bereitete ihnen hier eine neue Heimat. Diese Zusammenziehung des deutschen Verlagsbuchhandels in Reichenberg machte diese Stadt zum buchhändlerischen „Leipzig“ in den Sudeten, was aber vielfach nur in Buchhändlerkreisen und nicht in der weiteren Öffentlichkeit bekannt ist.

Schwierig in mannigfacher Hinsicht waren die letzten zehn Jahre dieser meiner Tätigkeit, in denen ich mich vielfach auf mich selbst gestellt und nur von einigen wenigen verständnisvoll gefördert sah – ihnen will ich auch hier recht herzlich danken.

Von der Überzeugung ausgehend, daß nur in der Zusammenfassung aller schöpferisch tätigen Kräfte unseres sudetendeutschen Volkes unser kulturelles Gedeihen liegt, möchte ich den Wunsch aussprechen, daß die Losung: „Nichts für Dich selbst, alles für unser sudetendeutsches Volk“, zur allgemeinen Richtschnur würde.

Quelle: Die Wünschelrute: Jahrbüchlein der “Heimatbildung” für 1930. Zum zehnjährigen Bestand des Sudetendeutschen Verlages Franz Kraus in Reichenberg. Reichenberg: Sudetendeutscher Verlag Franz Kraus 1929, S. 135–140.


Sudetendeutscher Verlag Franz Kraus, Reichenberg

Über die Entstehung des Sudetendeutschen Verlages berichtet sein Gründer und Inhaber Franz Kraus in der Festschrift zum zehnjährigen Bestand („Die Wünschelrute“ für 1930).

Das Palais Clam-Gallas in Prag, das bis dahin die „Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen“ und ihre Zeitschrift „Deutsche Arbeit“ beherbergt hatte, wurde beschlagnahmt. Die Gesellschaft fand im Palais der Deutschen Landeskommission für Kinderschutz und Jugendvorsorge auf der Kleinseite Unterkunft. Als auch dieses beschlagnahmt wurde – vom Kriegsministerium bis heute noch nicht freigegeben, das Haus einer Fürsorgestellte für die Ärmsten der deutschen Jugend! – übersiedelte die Deutsche Landeskommission nach Reichenberg und nahm in entgegenkommender Weise die Bestände der „Deutschen Arbeit“, dessen Verlag Buchhändler Franz Kraus führte, mit.

Im Zuge der Bestrebungen, die Hochschule der Gefährdung durch das Prager Tschechentum zu entrücken und die Universität nach Reichenberg zu verlegen, wählte auch Franz Kraus Reichenberg als Wohn- und Wirkungsplatz. Er richtete hier eine Buchhandlung ein und gründete den „Sudetendeutschen Verlag“. Diese Bezeichnung hat viel mit dazu beigetragen, das Wort „sudetendeutsch“ bei uns einzubürgern. Im Jahre 1922 folgte als gemeinsame Gründung der „Nordböhmischen Verlag“ als reiner Schulbuchverlag.

Sudetendeutscher Verlag Almanach 1936Der „Sudetendeutsche Verlag“ vereinigt eine beträchtliche Zahl der für das Sudetendeutschtum wichtigen Schriften und Schriftenreihen.

Er betreut die großen wissenschaftlichen Veröffentlichungsreihen der früheren „Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen“, die ihren Namen in „Deutsche Gesellschaft der Wissenschaften und Künste für die Tschechosl. Rep.“ änderte, sowie sonstige Prager Hochschulveröffentlichungen.

Genannt seien insbesondere:

Die „Bibliothek sudetendeutscher Schriftsteller“. (38 Bände, darunter die dem Abschluß entgegengehende Gesamtausgabe von Adalbert Stifters Werken in 24 Bänden.)
Beiträge zur sudetendeutschen Volkskunde. (Begründet von Prof. Dr. A. Hauffen, bisher 19 Bände.)
Prager deutsche Studien. (Hauptsächlich Literatur- und Sprachwissenschaft, Band 27 bis 44.)
Prager Studien aus dem Gebiete der Geschichtswissenschaft. (Bisher 19 Bände.)
Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte. (Fünf Bände).
Forschungen zur deutschen Kunstgeschichte Böhmens. (Sechs Bände, davon drei vergriffen.)

***

Nach dem Umsturz erwies sich die Verbindung mit der neuen Heimat- und Volksbildungsbewegung als eher fruchtbar. Sie wurde auf der Böhmerlandwoche in Triebsch bei Leitmeritz, Sommer 1919, angebahnt.

Während andere Zeitschriften des Verlags über ein paar Jahrgänge nicht hinauskamen, hat sich die von E. Lehmann und J. Blau geleitete „Heimatbildung“, Monatsblätter für heimatliche Volksbildung behauptet. Ihre bisher 12 Jahrgänge geben einen unentbehrlichen Überblick über die neue sudetendeutsche Bewegung und insbesondere über die Entwicklung der Bildungsarbeit und Heimatpflege.

In ihrem Gefolge erschienen neue volkstümliche Schriftenreihen: Sudetendeutsche Bücherei (5 Bändchen); Sudetendeutsche Heimatgaue (42 Hefte); „Der Volksbildner“ und „Die Erbtruhe“ (8 Bändchen); Flugschriften zur Heimatschule und Volkserziehung (13 Hefte); „Ratgeber für Volksbildner“ (5 Hefte); Volksbildnerische Tagungshefte (5 Hefte).

Die „Heimatbildung“ ist das Mitteilungsblatt der „Gesellschaft für deutsche Volksbildung in der Tschechosl. Rep.“ und des „Deutschen Verbandes für Heimatforschung und Heimatbildung“.

In Verbindung damit wurden auch übernommen die Schriften der Anstalt für Sudetendeutsche Heimatforschung in Reichenberg, Handbücherei des sudetendeutschen Heimatforschers.

Eine dritte Gruppe von Verlagswerken stellen die Einzelveröffentlichungen vor, die Werke aus den Gebieten der Wissenschaft, der Volksbildung, des Schulwesens, aber auch lyrische, epische und dramatische Schöpfungen sudetendeutscher Dichter umfassen.

Die Übersicht über die Verlagswerke ist in der Festausgabe der „Wünschelrute“ 1930 zum zehnjährigen Bestand des Verlages enthalten.

Die Buchhandlung des Verlages ist heimatkundlich eingestellt und kulturell wirksam; sie beliefert Schulen, Büchereien und Körperschaften.

Quelle: Handbuch der sudetendeutschen Volksbildung: Kulturpolitisches Handbuch in Selbstdarstellungen d. sudetendeutschen Verbände. Herausgegeben im Auftrage der „Gesellschaft für Deutsche Volksbildung in der Tschechosl. Republik“ von Emil Lehmann. Reichenberg: Sudetendeutscher Verlag Franz Kraus 1931, S. 538–540.


Verleger im Sudetenland

Die nachstehenden Berichte sudetendeutscher Verleger vermitteln ein einprägsames Bild von den deutschen Kulturaufgaben, die in der Kampfzeit im Tschechenstaat zu leisten waren und die freudig als Dienst am Volkstum von ihnen ergriffen wurden. Ihre Leistungen, ihr Fleiß und ihre Opferfreudigkeit für die deutsche Sache dürfen bei einer Würdigung des sudetendeutschen Schrifttums nicht vergessen werden.
[…]

Der sudetendeutsche Verlag Franz Kraus, Reichenberg

Wenn ich schildern soll, wie der Sudetendeutsche Verlag begründet wurde, so muß ich etwas weiter zurückgreifen. Einer erzgebirgler Bergmannsfamilie aus der Plattener Gegend entstammend, die in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in das Pilsener Steinkohlenbecken übersiedelte, widmete ich mich schon frühzeitig dem Buchhandel.

Mein Weg führte mich über den reichsdeutschen Buchhandel 1902 nach Prag in die J.G. Calve’sche Hof- und Universitätsbuchhandlung. Das brachte mich bald den literarisch und wissenschaftlich tätigen Führerpersönlichkeiten der Deutschen Böhmens näher und ich kam mit ihnen in unmittelbare Berührung, Sauer, Hauffen, Krattner, Brömse und Thiele bildeten den Kreis um die „Deutsche Arbeit“. 1911 übernahm ich auf eigene Rechnung den Vertrieb dieser Zeitschrift. Meine Tätigkeit fand eine gute Aufnahme in den weitesten Kreisen trotz der gegen Prag gerichteten Einstellung der Deutschen im Lande.

Der Ausbruch des Weltkrieges bereitete allerdings meiner persönlichen Werbetätigkeit ein Ende. Eine Anklage nach dem Schutzgesetz machte mir die Weiterherausgabe der Zeitschrift als „inländische“ Zeitschrift unmöglich. Der Umsturz führte mich nach Reichenberg, in die Stadt, die immer mehr zum kulturellen Vorort der Deutschen in Böhmen werden sollte, und ich gründete hier meinen Verlag samt Buchhandlung.

Ich wählte das Wort „sudetendeutsch“. Die Bezeichnung „Sudetendeutscher Verlag“ wurde aber von der Postbehörde zunächst nicht zugelassen, d.h. die Poststücke wurden nicht befördert. Erst auf mein Einschreiten hin bewilligte die Postdirektion die Bezeichnung „Sudetendeutscher Verlag“, und zwar: „bis auf weiteres“.

In meinem Verlag vereinigte ich bald eine Reihe von Veröffentlichungen, die von der „Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur“, der jetzigen „Deutschen Gesellschaft der Wissenschaften und Künste“, herausgegeben wurden. So die „Quellen und Forschung aus dem Gebiete der Geschichte“, die „Beiträge zur sudetendeutschen Volkskunde“, das „Sudetendeutsche historische Archiv“, die „Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft der Wissenschaften“ und die „Bibliothek deutscher Schriftsteller aus Böhmen, Mähren und Schlesien“, die Werke von Sudetendeutschen aus allen Jahrhunderten, darunter die große kritische Adalbert-Stifter-Ausgabe umfaßt. Weiter erwarb ich die von Josef Jäger und O. Baudisch gegründete Zeitschrift „Rübezahl“, eine politisch-satirische Zweiwochenschrift mit Bildern, die von dem Schriftsteller Friedrich Jaksch geleitet wurde, später von Josef Wolf und schließlich von Wilhelm Pleyer.

Die „Böhmerland-Woche“ in Triebsch vom Jahre 1919 war insbesondere von entscheidender Bedeutung für diesen Neuaufbau wie überhaupt für die Anbahnung einer neuen sudetendeutschen Bildungsbewegung, ja der sudetendeutschen Bewegung überhaupt. Hier trafen sich mit Vertretern der Jugendbewegung Dr. Erich Gierach, Dr. Emil Lehmann, Oberlehrer Jos. Blau, Prof. Metzner, die Fachlehrer Göth, Herzog, Syrowatka u.a. Hier wurde die Zeitschrift „Heimatbildung“ unter der Schriftleitung Prof. Dr. Emil Lehmanns begründet als Arbeitsblatt für die neue heimatlich einzustellende Erwachsenenbildung.

Die „Sudetendeutsche Bücherei“, die „Sudetendeutschen Heimatgaue“, „Sudetendeutsches Volk und Land“, der „Heimatschulmeister“ und viele andere Schriftenreihen folgten. Diese und andere in meinem Verlag herausgegebenen Werke, die unser Land und seine Geschichte und Lage behandeln, haben als wichtige Aufklärungsschriften ihre Wirkung nicht verfehlt.

Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit mit den geistig Schaffenden, insbesondere mit den Führern unserer Heimatbewegung und Bildungsarbeiten spiegelt auch das Bücher- und Schriftenverzeichnis meines Verlages.

Als Folge meiner buchhändlerischen und verlegerischen Tätigkeit wurde mir die Schriftleitung des Fachblattes unserer buchhändlerischen Organisation „Der Buchhändler“ im Jahre 1921 übertragen. Ich regte zu dieser Zeit bei unserem heimischen Verlag die Schaffung einer „Bibliographie in den Sudetenlanden“, ähnlich der im Deutschen Reiche vom Börsenverein der deutschen Buchhändler in Leipzig geführten, an und sammelte die in den Sudetenländern erschienenen Veröffentlichungen für eine zukünftige deutsche Studienbibliothek im deutschen Siedlungsgebiete. Nach erfolgter Gründung der „Bücherei der Deutschen“ in Reichenberg, unserer von Hofrat Sauer schon 1909 angeregten deutschen Nationalbibliothek, wurden und werden ihr die für diese Bibliographie gewidmeten Stücke zugewiesen. Im Jahre 1922 wurde ich Mitbegründer des „Nordböhmischen Verlages, Ges.m.b.H.“ in Reichenberg und dessen geschäftsführender Gesellschafter. Dieser Verlag ist ein ausgesprochener Schulbuchverlag.

Schwierig in mannigfacher Hinsicht waren die letzten Jahre meiner Tätigkeit, in denen ich mich vielfach auf mich selbst gestellt und nur von einigen wenigen verständnisvoll gefördert sah. Die verschiedenen Beschlagnahmen trafen mich auch wirtschaftlich sehr stark.

Sudetendeutscher Verlag Franz Kraus TitelblattIn der jüngsten Zeit habe ich mich mit meinem Verlag auch der schönen Literatur wieder stärker zugewandt. So erschien hier neben erzählenden Dichtungen das „Sudetendeutsche Balladen-Buch“. Eine Reihe „Sudetendeutsche Bühnen- und Hörspiele“ hat ebenso zu erscheinen begonnen, wie eine Sammlung „Sudetendeutscher Dichterbücher“. Auch die Mundartdichtung fand eine Pflegestätte. Von den vielen Zeitschriften, die der Verlag im Laufe seiner nun bald zwanzigjährigen Tätigkeit herausgab, verdienen die kulturpolitischen Monatshefte „Volk an der Arbeit“ (19. Jahrgang der „Heimatbildung“) besonders hervorgehoben zu werden. Seit Beginn des Jahres 1938 erscheint die Zeitschrift „Kunst und Handwerk“, die über das sudetendeutsche Kunstleben unterrichtet. Dr. Adalbert Schmidt: „Die Sudetendeutsche Dichtung der Gegenwart“ hat der Verlag in jüngster Zeit herausgegeben.

Der Weg, den der Sudetendeutsche Verlag zu gehen hatte, war ein schwerer, der vielfache Opfer und einen stark ideellen Einsatz erforderte. Leider kam das steigende Interesse des deutschen Volkes an der sudetendeutschen Dichtung dem sudetendeutschen Verleger nur in sehr geringem Maße zugute. Im eigenen Raum war nur ein kleines Hinterland zu versorgen, eine Bevölkerung, die wohl bildungswillig, aber nicht kaufkräftig genug ist. Die für unsere Verhältnisse zu teuer gewesenen reichsdeutschen Propagandamöglichkeiten konnten nicht voll ausgenutzt werden, weshalb man es den bedeutenden Dichtern des Landes nicht verdenken konnte, wenn sie den Großteil ihrer Werke im Reich verlegten.

All diese erschwerenden Umstände werden wohl nunmehr wegfallen und es wird meinem Verlag damit die Möglichkeit geboten sein, die Volksgenossen im Altreich mit diesem oder jenem Werk meiner bisherigen Arbeit auf dem Gebiete der Volkskunde und Heimatbildung bekannt zu machen und so die Kenntnis über unseren Volksteil und unsere Gebiete zu vertiefen. Selbstverständlich werden die angefangenen großen Reihenausgaben weiter fortgeführt, so z.B. die große kritische „Stifter-Ausgabe“, „Sudetendeutsche Stadtgeschichten“, „Sudetendeutsches Ortsnamenbuch“, „Sudetendeutsches Flurnamenbuch“ und andere mehr. Auch die auf schöngeistigem Gebiet begonnenen Reihen „Sudetendeutsche Dichterbücher“ und „Sudetendeutsche Bühnen- und Hörspiele“ werden fortgesetzt. Als Gegenstück zum bereits erschienenen „Sudetendeutschen Balladen-Buch“ befindet sich ein „Sudetendeutsches Lyrik-Buch“ in Vorbereitung. Es wird auch weiterhin mein Bestreben sein, bei Berücksichtigung der gesamtdeutschen Zusammenhänge allen förderungswürdigen Kräften des Sudetendeutschtums auf dem Gebiete des Schriftwesens eine Heimatstatt zu gewähren.

Franz Kraus

In: Die Buchbesprechung. Eine monatliche Umschau (Leipzig), 2. Jg., H. 10 (Oktober 1938), S. 295–296.


Vor zwanzig Jahren: Tschechische Gewaltherrschaft schmiedet die Fesseln, mit denen das Sudetendeutschtum seiner Kraft beraubt werden soll und sie werden jedes Jahr fühlbarer, drohen das Leben zu erdrosseln und zu vernichten. Neben wirtschaftlicher Drangsal sind es vor allem auch die Maßnahmen auf geistigem Gebiete. Dem regsamen Volke sollen die Verbindungen mit dem Muttervolke abgeriegelt werden. Zeitschriften und Bücher werden beschlagnahmt, die Einfuhr geistiger Kost wird erschwert und besonders nach der Machtergreifung durch Adolf Hitler werden diese Verbote verschärft und unerträglich. Nur heimlich gelangen die Werke nationalsozialistischen Gedankengutes über die Grenzen und werden ebenso heimlich gelesen und von Hand zu Hand weitergegeben. Wie ein beglückendes Feuer brennt dieses Gut in unsere Herzen; kommen doch diese Gedanken unserer Sehnsucht entgegen.

Im Sudetengebiet ist schon früh eine Volksbildung organisiert worden, die Heim und Volkstum in den Mittelpunkt stellt. Turnvereine, Bund der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien, Deutscher Kulturverband: das sind die Stätten, die zu wahrhaften Volksbildungsschulen werden, in denen der Gemeinschaftsgedanke längst zur Tat gereift ist.

Und als die tschechoslowakischen Volksbildungsgesetze, seit 7. Feber 1919 immer wieder erneuert und ergänzt, die Erwachsenenbildung forderten, greifen die Volksbildungsorganisationen die staatlichen Handhaben auf und wo es angeht, werden in die staatsbildenden Vorträge geschickt alle jene eingebaut, die der völkischen Grundlage nicht entbehren.

Es sind vor allem die Gedanken der „Heimatbildung“, wie sie von Prof. Dr. Emil Lehmann nicht nur aufgeworfen, sondern auch zur Verwirklichung gebracht wurden. Lehmann konnte im sudetendeutschen Gebiete auf festem Grunde aufbauen, denn wichtige Vorarbeiten für seine Forderungen waren schon in den Jahrzehnten vor dem Weltkriege geleistet worden. Die verschiedenen Heimatkunden, wie sie von den Lehrervereinen herausgegeben worden waren, heimatkundliche Zeitschriften und Veröffentlichungen einzelner Heimatforscher hatten ein vielfältiges Ergebnis bereitgestellt, das nur im neuen Lichte zu organisieren und zu verwenden war.

Lehmann ging über die Arbeit des Heimatforschers hinaus, machte sie erst wertvoll und gestaltend, indem er das Wissen um die Heimat für die Erwachsenenbildung auszuwerten aneiferte. Durch dieses Wissen sollte der bewußt heimatverwurzelte Mensch herangezogen werden, der der Heimat das deutsche Gepräge mit seiner ganzen Kraft verantwortungsvoll zu erhalten hatte.

Es war ein Glück für die gesamte Heimatbewerbung, daß sich ihr ein Mann zur Verfügung stellte, der als Verleger die notwendigen Schriften zur Veröffentlichung brachte und mit nie erlahmendem Idealismus alle Opfer auf sich nahm, die von dem Herausgeber derartiger Werke gefordert wurden.

Franz Kraus hat in einer Zeit, da sich schier die ganze Öffentlichkeit wider den Heimatgedanken verschworen zu haben schien, da das Schlagwort vom „Weltbürger, der zu erziehen sei“ nicht laut genug in die Welt geschrien werden konnte, eine scheinbar verlorene Fahne hochgehoben und in den Wind gerissen. Und siehe, um diese Fahne sammelt sich zunächst ein bescheidenes Häuflein von Menschen, die man zunächst auch verlacht und verspottet, denn der Lauf der Welt geht zunächst gerade in entgegengesetzter Richtung. Aber das Trüpplein wächst und wächst und allmählich stoßen aus allen Gauen Gleichgesinnte hinzu. In wenigen Jahren ist eine Gefolgschaft von dem Heimatgedanken Ergebenen und für ihn Kämpfenden herangewachsen, die weiß, daß all ihr Tun und Streben trotz dem Widerspruch der Besserwisser und Gegenwartsjäger zum Ziele reifen wird.

Schon im Jahre 1919 hat Franz Kraus den „Sudetendeutschen Verlag“ gegründet und diesen Namen, der später auf das ganze ehemalige „deutschböhmische“ Gebiet überging, auch gegen den Willen der Behörden durchgesetzt.

Franz Kraus selbst stammt aus Westböhmen. Er wurde am 4. Oktober 1879 in Chotieschau (Bezirk Mies) als Sohn des Steigers Franz Hermann Kraus geboren. Nach der Schulzeit entschied er sich für den Beruf des Buchhändlers und trat 1894 in die Buchhandlung W. Steinhauser in Pilsen als Praktikant ein. 1900–1902 war er in der Polytechnischen Buchhandlung Weyers-Kaatzer in Aachen beschäftigt. Seine eigentliche Lebensarbeit aber begann erst, als er 1902 als Gehilfe in der J.G. Calveschen Hof- und Universitätsbuchhandlung in Prag eintrat. Durch seinen Fleiß, seine Umsicht und seine Tatkraft rückte er bald zum ersten Sortimenter auf und wurde endlich 1911 mit der Vertretung des Inhabers betraut. Im Herbst des gleichen Jahres übernahm er besonders den Vertrieb der Monatsschrift „Deutsche Arbeit“, die von der „Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen“ herausgegeben wurde und das geistige und künstlerische Antlitz des Sudetendeutschtums vor der Welt zu zeichnen hatte. Gerade durch den Verkehr mit jenen Männern, die an der Spitze dieser Bewegung standen, erhielt Franz Kraus nicht nur Einblick in die Vorgänge innerhalb des Sudetendeutschtums, sondern sein Blick schärfte sich auch für die Notwendigkeit aller volksbildnerischen Arbeit und er blieb wach, da er merkte, wie brach dieses Gebiet noch lag und wieviel ernste Tätigkeit hier noch zu leisten war.

Der Weltkrieg riß auch ihn, wie so viele andere aus der beschrittenen Bahn. Zunächst beteiligte er sich an der Versendung der „Deutsch-österreichischen Grüße ins Feld“, deren Schriftleitung der Wiener Fritz Stüber-Günther betreute und deren Herausgabe der „Deutsche Verein zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse“ vornahm. Viele Zehntausende dieser „Grüße ins Feld“ und der von dem Vereine veröffentlichten „Gemeinnützigen Vorträge“ gingen ins Feld. Bald meldete sich Franz Kraus freiwillig zum Militärdienst, da er aber nicht gedient hatte, wurde er zurückgestellt. Da übernahm er freiwillig die Leitung der Filialkanzlei des Roten Kreuzes in Prag. Endlich aber wurde er 1915 doch assentiert und wurde als Landsturm-Infanterist des Inf.-Reg. Nr. 92 zum 1. Albanischen Gendarmerie-Streifzug abkommandiert, in dem er bis 1917 verblieb. Dann wurde er von den Skoda-Werken in Pilsen zugeteilt, wo er Kriegsdienst bis zum März 1919 versah. 1916 ist er mit dem Roten-Kreuz-Ehrenzeichen II. Klasse mit der Kriegsdekoration ausgezeichnet worden.

Nach dem Umsturz schien ihm Prag kein geeigneter Boden für seine buchhändlerische und verlegerische Tätigkeit. Zudem hatte der neue Staat das Palais Clam-Gallas in Prag, in dem die Räume der „Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen“ und das Verlagsunternehmen der „Deutschen Arbeit“ untergebracht war, beschlagnahmt. Und als auch das Palais der „Deutschen Landeskommission für Kinderschutz und Jugendfürsorge in Böhmen“ zu Prag auf der Kleinseite, wo die „Gesellschaft“ Unterschlupf gesucht hatte, der Beschlagnahme verfiel, wurde Reichenberg zum neuen Standorte gewählt, wo – wie schon erwähnt – der „Sudetendeutsche Verlag“ seine Gründung erfuhr.

Vom äußeren Leben des Verlegers Franz Kraus wäre zu erwähnen, daß er 1922 als geschäftsführender Gesellschafter Mitgründer des Nordböhmischen Verlages G.m.b.H. wurde, der sich besonders der Pflege des deutschen Schulbuches in der Tschechoslowakei annahm. In diesem Jahre erließ er in dem von ihm herausgegebenen Fachblatt „Der Buchhändler“ (für die Buchhändler-Organisationen in der Tschechoslowakei) einen Aufruf an die hiesigen deutschen Verleger, je ein Stück ihrer Veröffentlichungen der zukünftigen sudetendeutschen Universitätsbücherei zu überlassen. Da aber die Übersiedlung der Hochschule nach Reichenberg unterblieb, widmete er die bereits eingegangenen Werke der „Bücherei der Deutschen“, Die weiteren Eingänge verzeichnete er zunächst im „Buchhändler“, gab sie aber seit 1931 in Jahresbänden gesammelt als „Deutsche Bibliographie“ heraus.

Franz Kraus war aber auch innerhalb der Buchhändlergilde nicht müßig. Schon 1901 wurde er Mitbegründer des Vereins jüngerer Buchhändler „Netto“ in Aachen. Und besonders rührig wirkte er als Obmann des Prager Vereines deutscher Buchhändler „Conform“, den er zu neuem Leben erweckte und 17 Jahre (bis 1919) leitete. Dieser Verein verfolgte im tschechischen Sprachgebiete die Aufgabe, besonders gegen den aus Wien vordringenden Marxismus anzukämpfen und jederzeit die Belange des Deutschtums hochzuhalten. Später wurde Franz Kraus Ausschußmitglied und Obmannstellvertreter des Gremiums der Buchhändler in Aussig und Ausschußmitglied des Verbandes der deutschen Buchhändler und Verleger in der Tschechoslowakei. Außerdem hatte er das Aussiger Gremium bei der Dachorganisation aller Gremien in der Tschechoslowakei bei der „Vereinigung der Gremien in Prag“ zu vertreten. Und endlich, als das Sudetenland heimkehrte ins Mutterreich, wurde Franz Kraus zum Gauobmann für den deutschen Buchhandel und darüber hinaus zum Landesleiter der Reichsschrifttumskammer, Gau Sudetenland, ernannt.

Wahrlich, eine schier unübersehbare Fülle an Arbeit und Verpflichtungen! Und sie macht es glaubhafter, wenn wir erfahren, daß dieser Mann eigentlich nie einen Ruhetag in seinem Leben gekannt hat. Sommerfrischen, Urlaube, Ausspannen sind für den heute Sechzigjährigen, der rüstiger als ein Junger an seine Arbeit geht, unbekannte Begriffe. Und erst wenn wir erfahren würden, wieviele Arbeitsstunden sein Tag zählt!!

So vielfältig sich sein äußeres Arbeitsgebiet darstellt, sein inneres Werden kennt nur eine bestimmte Richtung. Sie ist kennzeichnend für den Deutschen und besonders für den Sudetendeutschen. Jeder Entwicklungsabschnitt hängt irgendwie mit dem Volkstum zusammen. Von der Sprachgrenze her kannte er den hartnäckigen nationalen Gegner, wußte um seine Kampfesweise und ging ihn unerschrocken an. Nicht Verteidigung allein, sondern unentwegter Angriff: so lautet der Leitspruch seines Lebens. Deshalb ist er auch schon frühzeitig in den völkischen Kampfverbänden Bund der Deutschen und Deutscher Kulturverband (früher Deutscher Schulverein) tätig. Als glühender Anhänger Georg Ritter von Schönerers darf er mit dem kleinen Anhängerkreis zu Pilsen alle Versammlungsreisen dieses Mannes in der Pilsner Gegend miterleben. Und es ist ganz selbstverständlich, daß er die für das österreichische und sudetische Deutschtum wichtigen Sturmjahre 1897, 1907, 1908 und 1914 mit glühendem Herzen durchficht und mit inbrünstiger Teilnahme durchkostet.

Und nun, eingeengt, widerrechtlich eingepfercht in einen Staat, bindet er sich um so inniger an sein Sudetendeutschtum und an dessen Schicksal. Aber er will nicht, daß dieses Schicksal ein niedergehendes wird, sondern er will mithelfen, seinem Volke den Platz an der Sonne der Freiheit wiederzugewinnen.

Und es ist wie ein Wunder! Mitten unter den Gewalthandlungen der tschechischen Machthaber, unter den Augen der Polizei und der Behörden, wächst dieser „Sudetendeutsche Verlag“ zu einem gestaltenden Mithelfer der sudetendeutschen Entwicklung heran. Seine Arbeit schreit ihre Wirkungen nicht hinaus, sie geschieht still aber mit jener unaufhörlich strömenden Kraft, die schließlich doch Siegerin werden muß, weil sie aus ewigen Quellen des Volkstums gespeist wird.

So bildet sich nach und nach in allen Einzelzügen das Antlitz dieses Verlages, das um so herber, gefestigter und entschlossener wird, je stärker der Griff der tschechischen Machthaber das Sudetendeutschtum zu gefährden scheint.

Den Mittelpunkt für den Verlag gibt die von Lehmann herausgegebene Zeitschrift „Heimatbildung“, die das Sudetendeutschtum zu wahrhafter volksbildnerischer Tätigkeit auf den Grundlagen von Volk und Heimat aufruft. Sie blieb aber nicht die einzige Zeitschrift des Verlages, der jedoch alle seine Veröffentlichungen irgendwie mit den Bestrebungen dieser Zeitschrift verband, nach ihnen ausrichtete, so daß das gesamte Unternehmen einheitlich auf- und ausgebaut wurde und kein anderes Ziel kannte, als dem Sudetendeutschtum zu dienen.

Eigens für das Sudetenland wurde der „Buchhändler“ geschaffen, der bereits auch 1919 zu erscheinen begann und das sudetendeutsche Schrifttum erfaßte. Als satirisch-politische Zweiwochenschrift erschien 1919–1924 der „Rübezahl“, der im politischen Kampf manch gutsitzenden Hieb austeilte. „Buch und Volk“ (1923 bis 1927) widmete sich vornehmlich dem sudetendeutschen Büchereiwesen und war besonders für die heimischen Buchwarte bestimmt. 1925 begann die „Sudeta“ zu erscheinen als Blatt für die heimische Vor- und Frühgeschichte. Ihre Bedeutung und Notwendigkeit wuchs zusehends. Sudetendeutsche Kunst kam erst ab 1936 in den „Beiträgen zur Klaviermusik“ zur Geltung und seit 1938 in „Kunst und Handwerk“.

Für die geistige Leistung der Sudetendeutschen wird die ab 1931 erschienene „Deutsche Bibliographie“ stets wertvoll bleiben, weil sie die Nachweise zu den Veröffentlichungen in den Sudetenländern jahrgangsweise sammelt.

Die „Heimatbildung“ selbst ergänzte sich durch zehn verschiedene Schriftenreihen und befruchtete mit ihnen Volksbildung und Heimatbewegung. „Der Volksbildner“ erörterte in 8 Bändchen grundsätzliche Fragen. Die Reihe „Sudetendeutsches Volk und Land“ (14 Hefte) brachte Beiträge zur Geschichte des Sudetendeutschtums, führte zu Quellen, stellte Statistiken zusammen und berücksichtigte auch die Schutzarbeit. Die „Sudetendeutschen Heimatgaue“ (45 Hefte), wohl die verbreitetste und volkstümlichste dieser Sammlungen, trug Kunde von Land und Leuten einzelner sudetendeutscher Siedlungsgebiete bis weit über die Grenzen. In der „Erbtruhe“ (3 Bücher) barg sich heimisches Märchen- und Sagengut. 21 verschiedene Hefte flatterten als „Flugschriften zu Heimatschule und Volkserziehung“ hinaus. Der „Ratgeber für Volksbildner“ sprang mit technischen Anleitungen bei, gab Ratschläge für Aufbau und Arbeit und wies unermüdlich auf das Ziel der sudetendeutschen Volksbildungsentwicklung hin, widmete sich aber auch dem Bühnenwesen und der Volkshochschule. Die „Volksbildnerischen Tagungshefte“ (5) waren Rechenschaftsberichte und Ergebniszusammenfassungen zugleich, berücksichtigten aber auch Arbeitslager, Jugendfürsorge und Schutzvereine. Die „Wünschelrute“ (11 Hefte) schenkte als jeweiliges Jahrbüchlein der „Heimatbildung“ nicht nur Übersicht über die Bewegung, sondern nahm auch schöngeistige Arbeiten auf. Sie widmete sich jedesmal einem bedeutenden Führer des Sudetendeutschtums. Ungemein wertvoll sind heute noch die beiden „Handbücher“, von denen das erste die grundlegenden Darlegungen über die Heimatbewegung bringt, während das zweite Selbstdarstellungen der sudetendeutschen Bildungsstellen über ihre Arbeit zusammenstellt. Gerade dieses muß als ein hochwertiger Beweis der sudetendeutschen kulturtragenden Arbeit gewertet werden. Endlich vereinigte die „Sudetendeutsche Bücherei“ heimisches Erzählgut und die erste volkstümliche Geschichte der Sudetendeutschen. Mehrere Kapitel zum Kampfe um die Prager deutsche Universität enthält die Reihe „Weitere Schriften zur sudetendeutschen Kulturarbeit“.

Im Rahmen des Verlages erfuhr auch die Welt der sudetendeutschen Dichter eine besondere Pflege. Zu Erzählbänden gesellten sich Gedichtsbücher und Bühnenstücke, aber auch die Mundartdichtung vieler heimischer Gaue ist vertreten. Ein besonderes Verdienst ist die Herausgabe sudetendeutscher Tonschöpfungen, Volkslieder u.ä., die für Feste und Feiern gern herangezogen werden sollten.

Außerhalb dieser verschiedenen Sammlungen stehen Werke der Wissenschaft, die sich mit der Deutung der sudetendeutschen Dichtung befassen, Quellen zur heimatlichen Geschichte aufzeigen, Recht und Wirtschaft sowohl der Tschechoslowakei als auch des Sudetenlandes in Untersuchungen klarlegen und verschiedene andere Stoffe heranziehen.

Zu den bedeutendsten und in ihrer Wirkung nachhaltigsten Sammlungen des Verlages gehören die „Bibliothek deutscher Schriftsteller aus Böhmen, Mähren und Schlesien“ und die „Beiträge zur sudetendeutschen Volkskunde“. Die erste schenkt uns in 25 Bänden die wissenschaftlich einwandfreie Stifter-Ausgabe, mit der sich der Verlag allein schon ein unschätzbares Verdienst um das Sudetendeutschtum erworben hätte, und dann die 16 Bände anderer heimischer Schriftsteller aus der Zeit vor dem Dreißigjährigen Kriege bis ins 19. Jahrhundert. Die zweite Sammlung (32 umfangreiche Hefte) ist eine reichhaltige Fundgrube zu den sprachlichen und gegenständlichen Äußerungen unserer heimischen Volksseele. Aus ihr kann gerade unsere Zeit, die den Menschen an Blut und Boden bindet, viele Anregungen schöpfen. Sie wird staunend merken, welch gute Vorarbeit hier bereits geleistet worden ist.

Unschätzbare Beiträge zur Begründung des sudetendeutschen Anrechtes auf die heimische Scholle bringen das „Sudetendeutsche Archiv“ (3 Bde.), das „Sudetendeutsche Flurnamenbuch“ (3 Bde.) und schließlich die „Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft der Wissenschaften und Künste in Prag (2 Hefte), ebenso die „Forschungen zur deutschen Kunstgeschichte Böhmens“ (6 Bde.).

Endlich gedenken wir noch der mehr als 30 Bände umfassenden Veröffentlichungen, die als „Schriften der Anstalt für Sudetendeutsche Heimatforschung“ erschienen sind und besonders sudetendeutsche Vorgeschichte, sudetendeutsche Geschichtsquellen behandeln, sudetendeutsche Mundarten untersuchen, das sudetendeutsche Ortsnamenbuch bezirksweise erbringen und auch auf die Herausgabe einzelner Bezirksheimatkunden Einfluß nehmen.

Eine Sonderstellung nehmen die „Prager deutschen Studien“ (48 Bde.), die „Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte“ (14 Bde.) und die „Prager Studien aus dem Gebiete der Geschichtswissenschaft“ (19 Bde.) ein, da nicht alle besonders sudetische Stoffe behandeln, aber darlegen, wie unsere heimische Wissenschaft arbeitet und Fragen angeht.

Fürwahr ein reiches Ackerfeld, das hier innerhalb der letzten zwanzig Jahre nur in Teilgebieten übernommen werden konnte, zum allergrößten Teile aber als Neuland geschaffen werden mußte. Ja, oft schien es, als sei das ganze Unternehmen eine Insel in dem wahnwitzig gewordenen Meere des Materialismus, das alle völkischen Bestrebungen zu ersticken drohte. Der Verleger aber hielt aus und kämpfte als ein wahrer Bannerträger des Heimatgedankens. Es ist schier unfaßbar, woher er oft die Mittel nahm, Werke herauszubringen, die zunächst für eine geringe Zahl von Abnehmern bestimmt sein konnten. Aber Franz Kraus schaffte es. Und die Insel trotzte allen Stürmen und Brandungen, ja sie hob sich zusehends und gewann Boden und schließlich die Verbindung zum Festland. Heute steht sie mitten im großdeutschen Vaterland als ein stolzes Wahrzeichen sudetendeutschen Kampfeswillens und Selbstbehauptens.

Einheitlich im Aufbau und in der Ausrichtung, einheitlich in der Methode der Arbeit, einheitlich in der Wirkung, kann der Verlag als Beispiel für eine volksgetreue Tätigkeit gelten. Als Franz Kraus die ersten Schritte als Verleger unternahm, schrieb er auf seine Fahne die Losung „Heimatbildung“. Und dieser Losung hat er den Schwur gehalten mit unermüdlicher Kraft. Selbst, wenn es oft hart auf hart ging, er biß die Zähne zusammen und hielt durch. Heute nach zwanzigjähriger Arbeit, da die Heimat frei von fremdvölkischem Drucke atmet, darf er sich sagen, daß er wesentlich mitgeholfen hat, Lehmanns Gedanken der Heimatbewegung in die Tat umzusetzen, die Heimat im Sinne jenes Großen bilden und formen zu helfen, den wir alle verehrend und dankbar unseren Führer nennen und der durch sein Werk alle Arbeit im Dienste der Heimat geadelt und ihr den richtigen Sinn erfüllend geschenkt hat.

Wenn heute Franz Kraus an seinem sechzigsten Geburtstage seine Leistung überschaut, so muß sie ihn mit Stolz und Freude erfüllen. Die schweren Jahre bitteren Leides, aufrechten Kampfes und einer Pflichterfüllung, die jederzeit für Volk und Heimat das Äußerste wagte, er wird sich ihrer gern erinnern, denn auf seiner Arbeit lag zuletzt doch der Segen des Geschickes, der sich keinem versagt, der unbeirrt seinem Ideale wahrhaft treu bleibt.

Sein Werk hat wesentlich am Wiederaufbau des Sudetendeutschtums mitgeholfen. Braucht es eines besseren Dankes? Und dieses Dankes möge sich der Doppeljubilar mit wahrem Stolze freuen. Daß er darnach seine Hände nicht müßig in den Schoß legen wird, ist sicher, denn er ist und bleibt eben doch der sudetendeutsche Verleger Franz Kraus!

Josef Syrowatka: Zwanzig Jahre Sudetendeutscher Verlag. In: Erbe und Aufgabe. Reichenberg: Kraus 1939, S. 131–140.


Noch vor zwei Jahrzehnten konnte man von einem eigenen sudetendeutschen Verlagswesen kaum sprechen. Für die Belange des Sudetendeutschtums auf diesem Gebiete wurde bis dahin ausschließlich von reichsdeutschen und Wiener Verlagsanstalten gesorgt. So manche von ihnen machten sich um das sudetendeutsche Schrifttum verdient; es war daher nur allzu begreiflich, daß sudetendeutsche Dichter und Schriftsteller, die sich einen Namen schaffen wollten oder bereits zu Ansehen gelangt waren, ihre Werke reichsdeutschen und Wiener Verlegern anvertrauten, weil damit schon die entsprechende Verbreitungsmöglichkeit gegeben war. So blieb es auch nach dem Umsturze und dies war gut so, denn dadurch konnte manches wertvolle Werk nationaler Prägung dem Zugriff und den Verbotsmaßnahmen der tschechischen Machthaber entzogen werden.

Ungeachtet dieser engen Verbindung zwischen sudetendeutschen Autoren und reichsdeutschen Verlegern forderten die neuen politischen Verhältnisse nach 1918 gar bald die Schaffung eines sudetendeutschen Verlagswesens. Gewisse Belange wiesen zwangsmäßig darauf hin, so vor allem die Angelegenheiten des Schulwesens, deren Trennung von Wien der tschechische Staat verlangte. Aber auch andere Gebiete, so die Heimatkunde, die Volksbildung usw. boten einem sudetendeutschen Verlagswesen ein reiches Tätigkeitsfeld, obzwar von vornherein feststand, daß ein großes Maß an Opferwilligkeit und ideellem Einsatz hierfür aufgebracht werden mußte. Und diese Eigenschaften, neben anderen persönlichen Vorzügen, vereinte der Buchhändler Franz Kraus in sich, der im Jahre 1919 in Reichenberg, das nach dem Krieg der Mittelpunkt des sudetendeutschen geistigen Lebens wurde und damit für eine Verlagstätigkeit wohl am geeignetesten war, seinen handelsgerichtlich eingetragenen „Sudetendeutschen Verlag Franz Kraus“ zusammen mit einer Buchhandlung gründete. War der Weg, den er gehen mußte, auch schwer, Franz Kraus setzte sich mit bewundernswerter Tatkraft und zähem Fleiße durch, wobei ihm sein gründliches Fachwissen vorzügliche Dienste leistete. Rasch gelang es ihm, seinem Verlag eine führende Stellung vor allem auf dem Gebiete der Volkskunde und Heimatbildung zu verschaffen. Er verdankte dies vornehmlich dem Umstande, daß er in geradezu vorbildlicher Weise sich einen Kreis auserlesener Mitarbeiter zu sichern verstand, die Gewähr dafür boten, seine Absichten erfolgversprechend zu verwirklichen. Es seien da nur die Namen Dr. Emil Lehmann, Prof. Dr. Erich Gierach und Prof. Dr. Adolf Hauffen genannt, drei von den vielen, die Kraus um sich zu scharen und für seine Pläne zu gewinnen wußte. Und zu den Schriftenreihen heimatkundlicher und volksbildnerischer Arbeit sowie jenen, die der Geschichte und Kunst des sudetendeutschen Raumes, dienten, gesellte sich später auch die schöne Literatur, wobei es Kraus sehr zustatten kam, daß er mit der ihm eigenen fachmännischen Gründlichkeit und Feinfühligkeit wirkliche Talente sofort erkannte und mit lobenswertem Eifer nachdrücklich förderte.

Bei der ausgesprochen völkischen Einstellung Franz Kraus’, der sich als Kind der Sprachgrenze – er wurde am 4. Oktober 1879 in Chotieschau (Bezirk Mies) geboren – schon frühzeitig politisch betätigte, ist es nur selbstverständlich, daß sein Bestreben dahin ging, die Bücher und Schriften seines Verlages voll und ganz in den Dienst der völkischen sudetendeutschen Bewegung und der Aufklärung über das Sudetendeutschtum zu stellen. Was in seinem sudetendeutschem Verlage bisher erschien, sind volksbildende Schriften und Darstellungen, sind Werke, die der sudetendeutschen Heimatbildung dienen, sind Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung, von sudetendeutschen Geistesarbeitern betrieben, und sind schließlich dichterische Werke (Romane, Erzählungen, Dramen, lyrische Dichtungen) sudetendeutscher Menschen. Sie alle haben mehr oder weniger das Sudetendeutschtum selbst zum Gegenstand; sie wenden sich aber nicht nur an dieses selbst, sondern an alle Deutschen, die sich über diesen Volkszweig, seine Lage und Arbeit unterrichten wollen, und verfolgen den Zweck, die Aufmerksamkeit weitester Kreise auf die hohe kulturelle Bedeutung des Sudetendeutschtums zu lenken.

Es ist im Rahmen dieses Aufsatzes unmöglich, aus der großen Zahl der bei Kraus seit 1919 erschienenen Verlagswerke auch nur einige namentlich zu nennen, umfaßt doch ein Verzeichnis der Verlagsveröffentlichungen von 1919 bis 1938 allein nahezu 30 Druckseiten. Hingewiesen sei aber auf die „Bibliothek deutscher Schriftsteller aus Böhmen, Mähren und Schlesien“, darunter besonders die „Große kritische Stifter-Ausgabe“ und die „Bibliographie in den Sudetenländern“.

Verleger und Buchhändler Franz Kraus hat sich während seiner nunmehr zwanzigjährigen segens- und erfolgreichen Tätigkeit große Verdienste um das sudetendeutsche Schrifttum erworben. Er war sich jederzeit der Pflichten vollauf bewußt, die er als Wahrer sudetendeutschen Kulturgutes seinem Volke gegenüber zu erfüllen hat. Durch die tatkräftige Förderung, welche er in den letzten zwei Jahrzehnten allen Bestrebungen auf volksbildnerischem und heimatkundlichem Gebiete durch die Herausgabe zahlreicher Schriften und Bücher von hohem nationalen Wert zu teil werden ließ, hat er sich um den Behauptungs- und Befreiungskampf des Sudetendeutschtums überaus verdient gemacht. Dies sei an seinem 60. Geburtstage besonders hervorgehoben und hierbei dem aufrichtigen Wunsche Ausdruck verliehen, daß es ihm noch recht viele Jahre vergönnt sein möge, als Verleger zu Nutz und Frommen des Sudetendeutschtums zu wirken, dessen herzliche Wünsche den nunmehr Sechzigjährigen auf seinem ferneren Lebenswege begleiten.

Hugo Schicht.

Hugo Schicht: Ein Pionier des sudetendeutschen Verlagswesens: Zum 60. Geburtstage des Verlagsbuchhändlers Franz Kraus in Reichenberg (4. Oktober 1939). In: Sudetendeutsche Monatshefte, Weinmond 1939, S. 526–527.


Siehe auch folgende Publikationen, die zu Jubiläen erschienen:

  • Katalog. Sudetendeutscher Verlag Franz Kraus, Reichenberg, Sudetengau. Veröffentlichungen 1919–1938.
  • Der Jeschken-Iser-Gau. Männer und Werke. Herausgegeben für die Gau-Ausstellung in Reichenberg des Bundes der Deutschen von Emil Lehmann und Julius Strobl. (= Die Wünschelrute 1935. Zum fünfzehnjährigen Bestand des Sudetendeutschen Verlages Franz Kraus.) Aus dem Vorwort: „Der Verlag hat im besonderen das Werk der sudetendeutschen Heimatbildung betreut und hat mitgeholfen, es aufzubauen.“ In diesem Werk findet sich ein Verzeichnis der Veröffentlichungen des Sudetendeutschen Verlags Franz Kraus 1919–1935.
  • Funken aus der Waffenschmiede 1919–1944. Nach 25 Arbeitsjahren des Sudetendeutschen Verlags Franz Kraus von der Gefolgschaft ihrem Betriebsführer als Zeichen der Verbundenheit gewidmet. Reichenberg, 15. September 1944. (Darin ein Verzeichnis der Veröffentlichungen 1939–1944.)