Karl Prochaska. k.u.k. Hofbuchdruckerei und Verlagsbuchhandlung Teschen–Wien–Leipzig/
Druck- und Verlagshaus Karl Prochaska (Český Těšin)
Gegründet als Druckerei am 5. Oktober 1806 von Thomas Prochaska (1761–1817), der an diesem Tag die Buchdruckerei des Fabian Beinhauer kaufte, fortgeführt von Karl Prochaska (1805–1857). Karl Prochaska (3.10.1829–26.5.1906) eröffnete am 6. Mai 1850 eine Sortimentsbuchhandlung in Teschen. Der Urenkel des Firmengründers Thomas Prochaska, Karl Prochaska (1885–31.3.1948)[1], wurde am 31. Dezember 1907 zum Alleininhaber. Die Firma wurde später in eine G.m.b.H. umgewandelt. Eine Sparte war der Verlag der Buchhandlung für Militärliteratur.[2] Bereits Anfang der 1930er Jahre war ein Ende der Verlagstätigkeit abzusehen. Der Verband der deutschen Buchhändler in der Tschechoslowakei teilte der Geschäftsstelle des Börsenvereins am 6. Juli 1931 mit, dass die Firma keine Sortimentsabteilung mehr habe und auch lang keinen eigenen Verlag habe. Sie sei lediglich als Buchdruckerei anzusehen.[3] Nach den Korrespondenzen mit dem Börsenverein zu schließen, dürften die Schwierigkeiten mit der durch die politische Umstellung in der ČSR notwendig gewordenen Umwandlung in eine neue G.m.b.H. zusammenhängen. Die Verlagstätigkeit lag dadurch längere Zeit brach. 1938 sollte Prochaska dann Opfer der politischen Umwälzungen in Europa werden: Der auf Grund des Vertrages von St. Germain 1919 an die Tschechoslowakei gefallene Teil Schlesiens wurde mit Wirkung vom 1. April 1938 von Polen annektiert. Der Verbandsobmann und Verleger Franz Kraus hat sich beim Börsenverein bzw. mit Anzeigen im Börsenblatt für Karl Prochaska eingesetzt. „Prochaska, der immer für das Deutschtum eingeteten ist und nun auf der Straße steht, ein Schicksal vieler anderer, die im deutschen Streifen Schlesiens nun zu Polen fallen, verdient es, dass man sich seiner annimmt, umsomehr als er nicht mehr jung ist. Er dürfte über 50 sein.“[4] Am 18. August 1939 teilte Karl Prochaska dem Börsenverein mit, dass sich seine Firma „infolge der geänderten politischen Verhältnisse in Liquidation [befinde] und voraussichtlich noch vor Ende dieses Jahres zu existieren aufhören [werde]“.[5] Im Februar 1940 befand sich die Firma Druck- und Verlagshaus Karl Prochaska Gmbh, Teschen, bereits in Liquidation. Die Firma war im Besitz der Centralbank der deutschen Sparkassen, Liquidator war Ludwig Wohlrab. Von den Verlagsbeständen wurden die marktgängigen verkauft, der Rest wurde vernichtet. Auf Grund des Beschlusses der ordentlichen Generalversammlung vom 27. Juni 1941 wurde die Firma letztlich aufgelöst. Prochaska war bis einschließlich 1940 im Adreßbuch des Deutschen Buchhandels angeführt.[6]
Veröffentlichte Würdigungen
Österreichisch-ungarische Buchhändler-Correspondenz, Nr. 22, 30. Mai 1906, S. 313:
(Karl Prochaska †.) Knapp vor Schluß der Redaktion erhalten wir die betrübende Nachricht, daß Karl Prochaska, Chef der Hofbuchhandlung und Hofbuchdruckerei dieses Namens in Teschen, im 77. Lebensjahre nach kurzem Leiden gestorben ist. Wir behalten uns vor, in der nächsten Nummer eine Würdigung des hervorragenden Wirkens Karl Prochaskas zu bringen, der als Nestor des österreichischen Buchhandels anzusehen war.
Österreichisch-ungarische Buchhändler-Correspondenz, Nr. 23, 6. Juni 1906, S. 330:
Karl Prochaska †
Mit Karl Prochaska ist ein Mann dahingegangen, der eine fühlbare Lücke nicht nur im Kreise seiner Angehörigen, sondern auch in seiner Vaterstadt, in seinem ausgedehnten Geschäfte und vor allem auch in seinem Berufe als Buchdrucker und Verlagsbuchhändler zurückläßt. Seine starke, wahrhaft männliche Persönlichkeit, der sich schon in seinem Äußeren dokumentierte, aber sich erst bei näherem Verkehr mit ihm in ihrer bezwingenden Kraft, ihrer überzeugenden Klarheit und ihrem einnehmenden Wesen recht geltend machte, war von großem Einflusse auf alles, was seine nie erlahmende Tatkraft geschaffen, sie war in erster Linie die Ursache der Erfolge, die in der glänzenden Entfaltung seines Lebenswerkes, in der Entwicklung seiner Unternehmungen zu der heutigen Höhe und Bedeutung zum Ausdrucke kommen.
Am 3. Oktober 1829 geboren, eröffnete Karl Prochaska am 6. Mai 1850 in seiner Heimatstadt Teschen eine Buchhandlung und hat sich sonach schon in sehr jungen Jahren selbständig gemacht. Er mag damals selbst von dem Bedenken nicht frei gewesen sein, ob seine Erfahrungen hinreichen würden, das begonnene Werk mit Erfolg durchzuführen, Indessen bestimmte ihn hauptsächlich der Umstand, daß von anderer Seite eine Konzession zum Betriebe einer Buchhandlung in Teschen angestrebt wurde, er aber sozusagen mit der Absicht erzogen worden war, durch ihn eine Buchhandlung in Teschen gründen zu lassen, ohne Zagen im Vertrauen auf seine Tatkraft, den gehegten Plan zu verwirklichen.
Ein Rückhalt für diesen war allerdings schon vorhanden. Der Großvater von Karl Prochaska, Thomas Prochaska, geboren 1761, gestorben 1817, hatte nämlich im Jahre 1806 in Teschen eine Buchdruckerei errichtet, welche die Grundlage der heutigen Firma Prochaska bildete. Der Umfang der Druckerei war in ihren ersten Zeiten ein sehr bescheidener.
Als Karl Prochaska im Jahre 1850 neben der Führung der neu gegründeten Buchhandlung auch die Leitung der Druckerei übernahm, besaß diese letztere nur zwei hölzerne Handpressen und es arbeiteten in ihr drei Gehilfen. Das Sortiment, aus welchem zunächst nur die Buchhandlung bestand, gewann bald einen größeren Kundenkreis auch in der näheren und weiteren Umgebung Teschens. Durch die damit erreichten Beziehungen ward dem schon früher bestandenen Geschäftszweige ebenfalls neue Kundschaft zugeführt; es hob sich die Firma durch gegenseitige günstige Beeinflussung beider Abteilungen immer mehr in ihrem Rufe, ihrer Ausdehnung und wurde auch wesentlich unterstützt von dem „Schlesischen Anzeiger“, der ersten politischen Zeitung Österreichisch-Schlesiens, die der Firmaträger im Mai 1860 zunächst als Wochenblatt ins Leben rief und selbst redigierte. Einem tatsächlichen Bedürfnisse entsprungen, zielbewußt geleitet, und seinem Motto „Fortschritt und Eintracht“ jederzeit treu, fand der „Schlesische Anzeiger“ rasch weite Verbreitung. Im dritten Jahrgange erfolgte die Änderung des Titels in „Silesia“, den das Blatt seither trägt. Nach mehrjähriger, bloß wöchentlicher Ausgabe erwies sich die Notwendigkeit einer Ausgestaltung des Unternehmens. Die Redaktion der Zeitung wurde fachmännischen Händen anvertraut, die Ausgabe auf wöchentlich zweimaliges, dann dreimaliges und mit 1. Jänner 1891 auf tägliches Erscheinen ausgedehnt.
Die schöne Entwicklung der „Silesia“, der Aufschwung der Buchhandlung, die Pflege der Druckerei, die dauernd an Ausdehnung gewann, gaben ihrem Besitzer, der keinen Stillstand kannte und nur nach Fortschritt strebte, Arbeit die Hülle und Fülle, sie nahmen ihn ganz außerordentlich in Anspruch. Und trotzdem hat Karl Prochaska noch auf einem anderen Felde Betätigung für seinen regen Geist, seine Energie und Arbeitsfreude gesucht, eine Betätigung, die ihm über die Grenzen unseres Vaterlandes hinaus ein ausgezeichnetes Renommee, ja einen unbestrittenen Weltruf einbringen sollte. Es war dies seine buchverlegerische Tätigkeit, deren Ausdehnung und Bedeutung, die den Namen Prochaskas als den eines hervorragenden Verlegers in allen Weltteilen bekannt und geehrt gemacht hat. Von seinen Verlagsartikeln, die zumeist seiner eigenen Initiative ihr Entstehen verdankten, seien nur einige besonders angeführt, die vielfach eine große Verbreitung fanden und teilweise noch finden, die wie alle seine Unternehmungen äußerlich den geläuterten Geschmack eines feinsinnigen Buchdruckers, in ihrem Inhalte jedoch das Streben nach dem Besten, die Verwirklichung der Prochaskaschen Ideale, zur Geltung brachten. Es sind die Werke und Sammlungen: Dr. Willibald Müllers „Volksadvokat“, die Mustergültigen Volksausgaben der deutschen Klassiker Schiller, Goethe, Lessing, das „Buch der Bücher“, Aphorismen der Weltliteratur, die Handbücher für das k.u.k. Heer in verschiedenen Reichssprachen, Hampels „Gemeindeleben in Schlesien“, die „Österreichisch-ungarische Militär-, Gesetz- und Normaliensammlung“ (sechs starke Quartbände im Preise von 136 Kronen), die „Militärischen Blätter“ (für deren Herausgabe Karl Prochaska von Sr. Majestät mit der großen goldenen Medaille für Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet wurde), das „Vaterländische Ehrenbuch“ von Reichsfreiherr von Teuffenbach (nach dessen Erscheinen Karl Prochaska das Ritterkreuz des Franz-Josef-Ordens erhielt), die zwölfbändige Sammlung „Die Völker Österreich-Ungarns“, die „Salonbibliothek“, an der u.a. Ernst Eckstein, Johannes Scherr, Robert Hamerling, Eduard Hanslick, Hieronymus Lorm, Hermann Lingg, Heinrich Noe Mitarbeiter waren, die zahlreiche Bände umfassende „Österreichische Jugendschriften“-Kollektion, „Prochaskas Familienkalender“, „Prochaskas illustrierte Monatsbände“, „Die besten Romane der Weltliteratur“, die „Bibliothek der gesamten medizinischen Wissenschaften (im 12 Bänden zum Preise von 300 Kronen), das Kaiserjubiläums-Prachtwerk „Geschichte der Eisenbahnen der österr.-ungar. Monarchie, das „Österreichische Reichs-Industrie-Adreßbuch“ und endlich „Prochaskas illustrierte Jahrbücher“.
Thomas Prochaska, geb. 1761, gest. 1817
Thomas Prochaska, geb. 1761, trat am 17. Jänner 1776 in die von Schönfeldsche k.k. Hofbuchdruckerei in Prag ein und wurde nach fünfjähriger Lehrzeit daselbst als Buchdrucker freigesprochen. Durch den Ankauf der Buchdruckerei von Fabian Beinhauer in Teschen machte er sich selbständig und stand seinem eigenen Geschäfte bis zu seinem im Jahre 1817 erfolgten Ableben vor. Eine Anzahl damals gedruckter und verlegter Bücher geben Zeugnis von der vorzüglichen typographischen Ausbildung und dem Unternehmungsgeiste des Begründers der Firma. Zur Seite stand ihm seine wackere, feinsinnige und edle Frau Anna Marie, geborene Schöniger, welche nach dem Tode ihres Gatten mit Fachkenntnis und Hingebung die Buchdruckerei durch 11 Jahre erfolgreiche verwaltete, vermöge ihres Sparsinnes die Mittel der Firma vermehrte und diese dadurch auch finanziell auf eine sichere Grundlage stellte.
Karl Prochaska, geb. 1805, gest. 1857
Von Anna Marie Prochaska übernahm im Jahre 1826 deren Sohn Karl, geboren 1805, gestorben 1857, das Geschäft: er mußte aber krankheitshalber die Leitung bald wieder aus den Händen legen. Auch jetzt war es wieder eine Frau, seine Gattin Anna, geborene Hoschek, eine überaus geschäftskundige, sehr gebildete und fleißige Dame, welche bis zu dem Tode ihres Gatten und darüber hinaus so lange mit seltener Umsicht die Geschäftsführung versah, bis ihr Sohn Karl herangewachsen und als Buchdrucker und Buchhändler praktisch ausgebildet war.
Karl Prochaska, geb. 1829, gest. 1906
Karl Prochaska, geb. 1829, gestorben 1906, absolvierte die damalige Mittelschule in Teschen, praktizierte in der väterlichen Buchdruckerei und wandte sich dann nach Wien, um in Raus Lithographischer Anstalt seine Fachkenntnisse zu erweitern und in der Jasperschen Buchhandlung durch 3 Jahre den Buchhandel zu erlernen. Nach Teschen zurückgekehrt, eröffnete er am 6. Mai 1850 eine Sortimentsbuchhandlung und wurde im Jahre 1863 Eigentümer der von seiner Mutter verwalteten Buchdruckerei, nachdem er letztere durch 13 Jahre selbständig geleitet hatte. Jetzt vollzog sich jener Aufschwung der Firma, der diese bald zu einer der geachtetsten und gesuchtesten Anstalten der Monarchie erhob. Den Anstoß zur Ausdehnung der Buchdruckerei gab das von ihm im Wettbewerb mit Deutschland im Jahre 1866 herausgegebene große Werk „Deutscher Nationalschatz“, dessen Druck und Einband in der eigenen Offizin besorgt wurde. Durch Aufführung eines Neubaues, Aufstellung neuer Buchdruck- und Buchbindermaschinen und Einführung des Dampfbetriebes war der noch kleine Betrieb vorher wesentlich erweitert und ausgestaltet worden. Wenn auch dieses große Verlagsunternehmen nicht jenen Erfolg zeitigte, den sich Karl Prochaska hiervon versprach, so waren die technischen Geschäftszweige so leistungsfähig und bekannt geworden, daß die Druckmaschinen nicht nur vollauf Beschäftigung behielten, sondern der Betrieb auch durch sich von Jahr zu Jahr mehrende Aufträge stetig erweitert werden mußte. Auf diese Weise entwickelte sich auch die nach Leipziger Muster eingerichtete Buchbinderei zu einem eigenen großen Betriebszweige. Ein emsiges, mit weit vorausschauendem Blick entfaltetes Wirken auf verlegerischem und buchtechnischem Gebiete, gepaart mit geläutertem Geschmack in bezug auf die oft vorbildlich gewordene Buchausstattung, bildete die Signatur der segensreiche, unermüdlichen Tätigkeit des Enkels von Thomas Prochaska, des Begründers der Firma. Wie vielseitig und zielbewußt die verlegerische Tätigkeit Karl Prochaskas gewesen, erweist der Verlagskatalog der Firma.
Im Jahre 1881 berief Karl Prochaska seinen Sohn Karl, geb. 1855, der nach Absolvierung des Teschner Gymnasiums und kurzer Universitätsstudien bei der Firma Breitkopf & Härtl in Leipzig, in der k.u.k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien und bei Emil Strauß in Bonn seine technische und buchhändlerische Ausbildung erhielt, in die Firma, und übertrug ihm die selbständige Leitung der technischen Geschäftszweige. Im Jahre 1884 wurde derselbe öffentlicher Gesellschafter der Firma.
Zwei Jahre später trat sein zweiter Sohn Ernst, geboren 1857, welcher nach Besuch des Teschner Gymnasiums bei Bermann & Altmann, in der Beckschen k.u.k. Hof- und Universitätsbuchhandlung in Wien (Alfred Hölder) und bei Emil Strauß in Bonn buchhändlerisch ausgebildet wurde, in die Firma und wurden 1886 gleichfalls öffentlicher Gesellschafter derselben.
Die technischen Geschäftszweige erwiesen sich, vermöge der sich steigernden Verlagsproduktion und der Aufträge, die vom In- und Auslande stets reichlicher zuflossen, bald wieder als nicht leistungsfähig genug. In den Jahren 1887–1888 erstand deshalb in Teschen unter tatkräftiger Mitwirkung von Karl Prochaska jun. Ein weitläufiger Neubau, dem 4 Jahre später ein westlicher Flügelanbau zugefügt wurde. So war während des kurzen Zeitraumes von etwa 20 Jahren aus der kleinen Offizin ein Großbetrieb geworden, und zwar trotz seines von den buchgewerblichen Verkehrszentren weit entlegenen Standortes. Die Sortimentsbuchhandlung verkaufte Karl Prochaska im Jahre 1902 an die Herren Meyer & Raschka, weil die sonstige geschäftliche Inanspruchnahme eine Entlastung dringend erheischte. Die Firma besteht seither aus den buchtechnischen Betriebszweigen, der Verlagsbuchhandlung und der Redaktion und Administration der im Jahre 1860 begründeten, politischen Landeszeitung „Silesia“:
Am 26. Mai 1906, in jenem so froh erwarteten Jubeljahre, in welchem der hundertjährige Bestand der Firma sich bald erfüllten sollte, schloß Karl Prochaska zur Bestürzung seiner Angehörigen nach kurzem Leiden im Kreise seiner Familie seine lieben, treuen Augen für immer. Aus bescheidenen Anfängen hat der Verblichene ein industrielles Etablissement von Weltruf geschaffen. Ein mannigfach ausgezeichnetes und geehrtes arbeitsreiches Leben hatte aber aufgehört zu sein.
Karl Prochaska, geboren 1855
Am 31. Dezember 1907 wurde Karl Prochaska, der Urenkel des Firma-Begründers Thomas, nachdem sein Bruder aus der Firma geschieden war, alleiniger Inhaber des Hauses. Den Traditionen der alten Firma getreu, aufgewachsen in der Zeit des Emporblühens des Hauses, an dem er selbst werktätig mitgeholfen und beseelt von dem schaffensfreudigen Streben seines Vaters, wird das ausgedehnte buchgewerbliche Institut durch ihn in emsiger Arbeit stetig erweitert und ausgestaltet. Der von ihm im Jahre 1909 begonnene imposante östliche Flügel-Fabrikationsanbau soll mit einer beträchtlichen Vermehrung des Maschinenparkes und durch Neuorganisation des Betriebes eine neue Epoche des Fortschrittes herbeiführen. Sein Sohn Karl, geboren 1886, jetzt Prokurist der Firma, steht mit freudiger und kundiger Arbeitskraft seinem Vater zur Seite; er hat nach Erlangung des Maturitätszeugnisses des Teschner Gymnasiums kurze Universitätsstudien genossen, die graphische Lehr- und Versuchsanstalt in Wien absolviert und den Buchhandel im väterlichen Geschäfte erlernt.
In: Festnummer der österr.-ungar. Buchhändler-Correspondenz 1910, Teil II, S. 29–30.
Karl Prochaska †
Am 26.d.M. [26. Mai 1906] verschied in Teschen der Hof-Buchhändler und Hof-Buchdrucker Herr Karl Prochaska im 77. Lebensjahre. Mit seinem Tode ist ein sehr arbeitsreiches Leben erloschen, ein Mann dahingeschieden, welcher für die Buchindustrie von großer Bedeutung war, daher trotz des Umstandes, daß seine weitausgreifende Tätigkeit den Buchdruckern Österreichs manche Sorge bereitete, auch hier gewürdigt zu werden verdient.
Der Verblichene war am 3. Oktober 1829 in Teschen geboren und zum Buchhändler ausgebildet, erlernte aber auch den Buchdruck in der Hof- und Staatsdruckerei. Bereits am 6. Mai 1850 gründete er in seiner Vaterstadt eine Buchhandlung und übernahm er gleichzeitig die Leitung der von seinem Großvater Thomas Prochaska im Jahre 1806 in Teschen errichteten Buchdruckerei, in welcher zu dieser Zeit nur zwei Holzpressen vorhanden und drei Gehilfen beschäftigt waren. Die Buchhandlung bestand zunächst nur aus einem Sortiment, gewann aber bald einen größeren Kundenkreis und auch die Druckerei wurden allmählich weiter ausgestaltet. Wesentliche Unterstützung fanden beide Betriebe durch den von Karl Prochaska 1860 ins Leben gerufenen „Schlesischen Anzeiger“, die erste politische Zeitung Österreich-Schlesiens, die anfangs als Wochenblatt erschien und rasch Verbreitung gewann. In ihrem dritten Jahrgange erfolgte die Änderung des Titels in „Silesia“, unter dem sie dann wöchentlich zweimal und vom 1. Januar 1891 täglich erscheint, die Interessen des Deutsch-Österreichertums vertritt und durch maßvolle Form ihres Inhaltes sich auszeichnet. Von Arbeitsfreude beseelt und mit Tatkraft ausgestattet, wandte Prochaska sein Auge bald auf den Verlag und erzielte auch hier bedeutende Erfolge, die seinen Namen weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannt machten, ja ihm einen Weltruf schufen. Es wurde zu weit führen, auch nur die hervorragenderen Werke und Sammlungen, die in seinem Verlage erschienen sind, hier anzuführen. Sie verdanken ihr Entstehen zumeist seiner Initiative, und er verstand es auch stets, Männer von bedeutendem literarischen Rufe für seinen Verlag zu gewinnen. Durch rastloses Schaffen und Umsicht gelang es ihm, seine Unternehmungen aus bescheidenen Anfängen immer weiter zu heben und auf den hohen stand zu bringen, den sie heute einnehmen.
Prochaska, der sich auch um seine Vaterstadt Verdienste erworben, war eine starke Persönlichkeit, die ihren Einfluß geltend zu machen verstand. Er war Ehrenbürger der Stadt Teschen, Ritter des Franz-Josef-Ordens, Besitzer der großen goldenen Medaille pro litteris et artibus etc. In den letzten Jahren fand er allerdings eine wesentliche Unterstützung durch seine Söhne, die Herren Karl und Ernst Prochaska, die ihm gelehrige Schüler waren und das Etablissement in seiner Größe fortzuführen versprechen.
Aus der Verlagsproduktion
- Abenteuer W. du Nord und Huschak , Franz: Aus der Kaiserstadt Historische Wiener Erzählungen. Wien und Teschen: Karl Prochaska Verlag ca 1910.
- Berdrow Wilh.: Illustriertes Jahrbuch der Weltreisen, neunter Jahrgang 1910, Prochaskas illustrierte Jahrbücher. Teschen–Leipzig–Wien: Karl Prochaska 1910.
- Herloßsohn, Karl: Die Tochter des Piccolomini. Klassische Romane der Weltliteratur. Band III. Wien, Leipzig Teschen: Verlag Karl Prochaska o.J. ca. 1900.
- Stare, Josef: Die Kroaten im Königreich Kroatien und Slowenien. Wien: Verlag von Karl Prochaska 1882.
- Weilen, Josef: Ausgewählte Werke. Hrsg. u. mit Einleitg. versehen v. Alexander von Weilen. 2 Bände. Wien ca. 1912, Verlag Karl Prochaska.
- Chiavacci, B.: Wo die alten Häuser steh’n. Bilder und Humoresken aus dem Wiener Volksleben. Wien und Teschen: Verlag der k. und k. Hofbuchhandlung Karl Prochaska, um 1880.
Anmerkungen
[1] Prochaska starb in Forchheim/Ostpreußen, das Begräbnis fand am 2. April 1948 statt. Siehe dazu Anzeiger für den Buch-, Kunst und Musikalienhandel (Wien), Nr. 9, 1. Mai 1948 sowie Börsenblatt vom 18. Juni 1948.
[2] So gab Prochaska folgendes Werk heraus: Der Krieg 1870–1871. Fünfte Abtheilung, Die Cernirungs-Operationen bei Metz. Kritische Beleuchtung der militärischen und politischen Ereignisse bis zur Schlacht bei Noisseville (Ste. Barbe) im Allgemeinen und bis zur Waffenstreckung der französischen Armee im Besonderen / nach den Prosseakten Bazaine’s und anderen officielen Schriften von J.N. Tetschen: Verlag der Buchhandlung für Militär-Literatur Karl Prochaska, 1875.
[3] StA Leipzig, Börsenverein 21765, F Nr. 2167 Druck- und Verlagshaus Karl Prochaska Gmbh, Teschen, Bl. 38.
[4] Ebenda, Schreiben Franz Kraus an W.M. Schulz, Geschäftsstelle des Börsenvereins, vom 1. Dezember 1938, Bl. 24.
[5] Ebenda, Bl. 19.
[6] Siehe Börsenblatt, Nr. 243 vom 17.10.1940 (Betriebseinstellung) sowie Reichsanzeiger, Nr. 185 vom 10. August 1942.