Buchhandlung J. Taubeles, Prag
Gegründet 8. Juli 1861. Besitzer seit 14. Dezember 1900 Emil Taubeles (16.1.1866, Prag – 24.2.1928, ebda.).
Sterbefall[1]
In Prag ist am 24. Feber 1928 Herr Emil Taubeles, der Besitzer der Buchhandlung J. Taubeles, im Alter von 62 Jahren gestorben. Herr Taubeles war in den Prager deutschen Literatur-, Theater- und Musikkreisen eine bekannte Persönlichkeit und ein allen liebgewordener Ratgeber. Er betrieb seine Buchhandlung nicht des Geschäftes wegen, sondern mehr aus Liebhaberei und auf ganz eigene Art. Er verkaufte von seinen immerhin ansehnlichen Beständen auch nur, was er wollte und nur an solche Käufer, die ihm des Erworbenen wert schienen. Der Prager Buchhandel und die Prager deutsche Literaturwelt, haben in Herrn Taubeles einen liebwerten, immer nobel denkenden Kollegen und Mitmenschen verloren.
Emil Taubeles gestorben[2]
Völlig unerwartet erlag gestern der Buchhändler Emil Taubeles einem Herzschlag. Er war einer der gescheitesten und originellsten Deutschen in Prag, sein trockener Witz war oft gefürchtet, sein Urteil in literarischen und vor allem in musikalischen Angelegenheiten war unbeirrbar (Modeströmungen war er abhold) und prägnant. Man hatte das Gefühl, daß der 62jährige Junggeselle sein Geschäft – es war die alte Buchhandlung J. Taubeles auf dem Obstmarkt – nur führte, um sich in Bücher vergraben und Besuche empfangen zu können, mit denen es sich über Bücher und Noten vernünftig sprechen ließ. Luxusausgabe gab es bei ihm nicht, er behauptete, Goethe sei im Reclambüchlein so gut wie auf Bütten. Überhaupt haßte er snobistische Käufer und sandte sie zur Konkurrenz, selbst wenn er im Regal hatte, was sie suchten. Er bemühte sich nicht gern für Fremde, dafür durften Freunde oder Bekannte im Laden stöbern, so viel sie wollten, durften auch Bücher forttragen und erlebten nie eine Rechnung. Er verdiente bei dieser Art Leben reichlich genug zum Leben, umsomehr, als er alte, vornehme Stammkundschaft hatte. Seine Ansprüche waren gering. Sein Freundeskreis waren Musiker und Schriftsteller, Theaterleute und Bücherliebhaber. In letzter Zeit wurde es einsam um ihn, die Freunde starben, übersiedelten, und er blickte noch mürrischer über die halben Brillengläser als sonst. Er war gesellig, verachtete aber die sogenannte Gesellschaft, ging prinzipiell zu keinen Premieren und zog Bergtouren dem Hotelleben vor. Mit Taubeles wird ein warmherziger, feiner Mensch eingeäschert, wie sie leider immer seltener werden.
Anmerkungen
[1] In: Der Buchhändler, 9. Jg., Nr. 9, 21. März 1928, S. 39.
[2] In: Prager Tagblatt, 25.2.1928, S. 4.