Fr. Karafiat

Fr. Karafiat, Brünn[1]

 

Fr. Karafiat und G. & R. Karafiat
Zum 75jährigen Jubiläum[2]

Karafiat AnzeigeFranz Karafiat, Verlags- und Sortimentsbuchhändler, Buchdruckerei- und Hausbesitzer, wurde am 19. November 1817 in Brünn geboren. Im Jahre 1833 trat er als Lehrling in die Buchhandlung Franz Gastl in Brünn ein und blieb daselbst bis Ostern 1840. Von da ab arbeitete er in der bedeutenden Buchhändlerfirma Tendler und Schäfer in Wien bis zum 1. Juni 1844, von welcher Zeit er die Ambros’sche Buchhandlung in Passau als verpflichteter Geschäftsführer bis 20. September 1845 leitete. Vom 1. Oktober 1845 bis Ende August 1846 war er in Steinamanger für die Firma Kaulfuß, Prandl & Co. in Wien, tätig. Am 1. September 1846 trat er als stiller Kompagnon und Leiter in die Kilian’sche Buchhandlung in Oedenburg ein und übernahm dieselbe im Jänner 1848 in eigene Rechnung. Durch die Ungunst der kriegerischen Verhältnisse war er gezwungen, dieses Geschäft im April 1849 zu verkaufen und verließ Oedenburg. Nun hieß es von vorne anfangen. Weder in Wien noch anderenorts war jedoch eine Gehilfenstelle zu erlangen, er mußte vom Baren zehren. Endlich erhielt er im August eine Aushilfsstelle bei Mayer & Co. und im November eine bei Braumüller in Wien. Zu Weihnachten 1849 folgte er einem Rufe zu seinem Lehrherrn Franz Gastl in Brünn, bei dem er am 3. Jänner 1850 eintraf und bis zum 17. März 1853 verblieb. Mit Ministerial-Dekret vom 17. März 1853 wurde ihm eine Buchhandlungsbefugnis für Brünn verliehen.

Am 15. Mai 1853 eröffnete er unter der Firma „Fr. Karafiat“ seine Buchhandlung, die trotz verschiedener Schwierigkeiten von Tag zu Tag mehr aufblühte.

Die damals in Schwung kommende Kolportage ergriff er mit Feuereifer und zwar derart, daß er binnen kurzer Zeit sechs Gehilfen und zehn Reisende beschäftigen konnte. Auch im Verlage versuchte er sich mit Erfolg. Im Jahr 1863 kaufte er den Mausberger-Dorfmeister’schen Verlag in Wien mit Saphirs Werken, von denen mehr als 40.000 Exemplare verkauft wurden. Vom Fremdwörterbuch wurden bis 190.000 Exemplare verkauft. Im Jahre 1878 wurde der größte Teil des Wenedikt’schen Verlages in Wien gekauft. Im selben Jahre erregte im Kunsthandel die Herausgabe von Hogarth’s Werken, 118 Lithographien der Radierungen des berühmten englischen Malers, im Format 66 x 52 cm, in Lederrücken und –Ecken berechtigtes Aufsehen. Im Laufe der Jahre erschienen über 200 Werke in seinem Verlage. Im Jahre 1865 wurde der Verlag der Kalender „Bote aus Mähren“ und „Posel moravský“ gekauft, von denen bis heute der 138., resp. der 92. Jahrgang erschienen ist. Franz Karafiat war auch im Jahre 1862 ein Mitbegründer des Vereines der österreichisch-ungarischen Buchhändler; durch das Vertrauen seiner Mitbürger wurde er durch einige Jahre in den Gemeinderat der Landeshauptstadt Brünn gewählt.

Im Jahre 1882 übergab er sein Sortiment seinen Söhnen Georg und Richard, welche es vom 1. Mai 1882 unter der Firma „G. & R. Karafiat“ weiterführten und gleichzeitig eine Leihbibliothek gründeten. Im Jahre 1885 trat Georg aus der Firma aus und trat in das Verlagsgeschäft seines Vaters ein, welches er bis zu seinem am 1. Mai 1927 erfolgten Ableben innehatte. Seit 1885 ist Richard Karafiat alleiniger Besitzer und betreibt seit 1901 auch einen Journal-Lesezirkel.

Richard Karafiat ist seit dem Jahre 1900 Vorstand des Vereines der mähr.-schles. Buchhändler und wurde im Jahr 1927 zum Ehrenmitglied ernannt. Er ist auch Vorstand des Brünner Buchhändlervereines sowie des Gaues Brünn-Olmütz des Verbandes der deutschen Buchhändler in der Tschechoslowakei. Seit dem Jahre 1898 ist er Vorstandsmitglied des Gremiums der protokollierten Kaufleute, seit 1908 Mitglied des Gewerbegerichtes. Am 1. Jänner 1927 hat Richard Karafiat seinen Neffen Richard Filia als Gesellschafter aufgenommen.

Franz Karafiat behielt das Verlagsgeschäft und das Antiquariat. Außerdem gründete er im Jahre 1883 eine eig3ene Buchdruckerei, die er im Jahre 1890 seinem Sohne Leopold übergab, der sie unter der Firma „Leopold Karafiat & Kucharz“ betreibt und seinen Sohn Karl seit 1925 als Gesellschafter aufgenommen hat. Im Jahre 1927 übernahm derselbe die Kalender „Bote aus Mähren“ und „Posel moravský“ in Verlag.

Fr. Karafiat hatte seinem Antiquariat eine bedeutende Ausdehnung gegeben und betrieb dieses bis zu seinem am 4. Dezember 1892 erfolgten Ableben, nach einem von treuer Berufsarbeit erfüllten und an Erfolgen reich gesegneten Leben.

Sein Sohn Wilhelm Karafiat ist seit dieser Zeit Besitzer desselben und hat im Jahre 1902 dem Antiquariat auch den Buch-, Kunst- und Musikalienhandel angegliedert. Wilhelm Karafiat erlernte im väterlichen Geschäfte das Buchdruckereigewerbe und das Antiquariat, ging dann auf 2 Jahre zur weiteren Ausbildung nach Deutschland, um wieder nach Brünn zurückzukehren. Die rege Tätigkeit daselbst beweist die Herausgabe von 30 tschechischen und 47 deutschen Lagerkatalogen. Wilhelm Karafiat ist seit dem Jahre 1903 Schriftführer des Vereines der mähr.-schles. Buchhändler.


Seltenes Berufsjubiläum[3]

Am 1. Mai 1932 kann Herr Richard Karafiat, Brünn, auf eine 50-jährige Inhaberschaft in der Firma G. & R. Karafiat, Buch-, Kunst- und Musikalienhandlung, Brünn, zurückblicken, fürwahr ein seltenes Jubiläum, das umso höher zu werten ist, als der Jubilar seine Berufsaufgaben nicht nur allein darin sah, Dienst am deutschen Buche zu leisten, sondern auch in hervorragender Weise als jahrzehntelanger Obmann des Vereins mähr.-schles. Buchhändler und langjähriger Obmann des Gaues Brünn-Olmütz für das Wohl seiner Mitkollegen ehrenamtlich tätig war.

Als äußeres Zeichen des Dankes verlieh die Spitzenorganisation, der Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, dem Jubilar eine geschmackvolle Ehrenurkunde, die vom Verbande in entsprechenden Rahmen gekleidet, durch den Bevollmächtigten, Herrn Carl Arthur Winkler überreicht wurde.


        Fr. Karafiat                                                           R & G. Karafiat                            Karafiat & Sohn
(Besitzer: Wilhelm Karafiat)                         (Besitzer: Wilhelm Karafiat)         (Besitzer: Georg Karafiat)

in Brünn

Franz Karafiat wurde am 19. November 1817 in Brünn geboren. Er besuchte die Normalhauptschule und die Lehrerpräparandie daselbst. Im Jahre 1833 trat er als Lehrling in die renommierte Buchhandlung Franz Gastl in Brünn, in der er sich bis Ostern 1840 zum Buchhändler ausbildete. Von da ab arbeitete er bei der bedeutenden Buchhändlerfirma Tendler & Schäfer in Wien bis zum 1. Juni 1844, von welcher Zeit er die Ambrosische Buchhandlung in Passau als verpflichteter Buchhalter bis 20. September 1845 leitete. Vom 1. Oktober 1845 bis Ende August 1846 führte er für die Firma Kaulfuß, Prandel & Comp. in Wien buchhändlerische Geschäfte in Steinamanger in Ungarn. Am 1. September 1846 trat er als stiller Kompagnon und Leiter in die Kiliansche Buchhandlung in Ödenburg und übernahm dieselbe in eigene Rechnung im Jänner 1848. Durch die Ungunst der kriegerischen Verhältnisse war er gezwungen, dieses Geschäft im April 1849 zu verkaufen und verließ Ödenburg. Nun hieß es von vorn anfangen. Weder in Wien noch andernorts war jedoch vom Mai bis Juni eine Gehilfenstelle zu erlangen, er mußte vom Baren zehren.

Endlich erhielt er im August eine Aushilfsstelle in Wien bei Mayer & Comp. und im November eine bei Braumüller. Zu Weihnachten 1849 erhielt er einen Ruf zu seinem Lehrherrn Franz Gastl in Brünn, bei dem er am 3. Jänner 1850 eintrat und bis zum 17. März 1853 verblieb. Mit Ministerialdekret vom 17. März 1853 wurde ihm ein Buchhandlungsbefugnis für Brünn verliehen. Am 15. Mai 1853 eröffnete er seine Buchhandlung an der Ecke der damaligen Sattlergasse, jetzt Ferdinandsgasse 17, die trotz verschiedener Schwierigkeiten von Tag zu Tag mehr aufblühte. Die damals wieder in Schwung kommende Kolportage ergriff er mit Feuereifer, und zwar derart, daß er binnen kurzer Zeit vier bis sechs Gehilfen und sechs bis zehn Reisende beschäftigen konnte. Auch im Verlage versuchte er sich mit Erfolg. Im Jahre 1863 kaufte er den Mausberger-Dorfmeisterschen Verlag in Wien mit Saphirs Werken, von denen mehr als 30.000 Exemplare verkauft wurden. Vom Fremdwörterbuch wurden bis 185.000 Exemplare verkauft. Im Jahre 1865 wurde denn Verlag des Kalenders „Bote aus Mähren” und „Posel moravský“ gekauft, von welchem schon der hundertzwanzigste Jahrgang vorliegt. Im Jahre 1878 wurde der größte Teil des Wenediktschen Verlages in Wien gekauft. Im selben Jahre brachte er William Hogarths Werke in 118 Blättern nach den Originalplatten auf den Kunstmarkt, die Aufsehen erregten.

Im Jahre 1874 beteiligte sich Franz Karafiat an der Gründung der Karl Winklerschen Buchhandlung und war deren stiller Kompagnon. 1878 übernahm sein Sohn Georg seinen Anteil als öffentlicher Gesellschafter. 1881 übergab dieser seinen Anteil an seinen Schwager Alfred Wehowsky, der am 8. Februar 1886 starb.

Am 5. April 1882 übergab er das Sortimentsgeschäft seinen Söhnen Georg und Richard, beschränkte sich auf die Leitung des Verlages und gab dem Antiquariat eine größere Ausdehnung.

Im Jahre 1889 trat sein Sohn Georg aus der Sortimentsfirma G. & R. Karafiat aus, die von nun an im alleinigen Besitze von Richard blieb. Richard Karafiat widmet sich auch dem Kunsthandel und betreibt eine Leihbibliothek wie einen Zeitschriften-Lesezirkel. Seit dem Jahre 1900 bekleidet er die Stelle des I. Vorstandes des Vereines der mährisch-schlesischen Buchhändler und gleichzeitig die des Sektionsobmannes im österreichischen Verein.

Georg Karafiat übernahm das Verlagsgeschäft und gründete im Jahre 1902 eine Buchdruckerei.

Im Jahre 1883 errichtete Franz Karafiat eine Buchdruckerei, die er im Jahre 1890 an seinen Sohn Leopold übergab.

Das Antiquariat, welches unter der Firma Fr. Karafiat weiterbestehen blieb, fiel nach dem Tode Franz Karafiats seinem Sohne Wilhelm zu, der im Jahre 1903 durch Erwerbung einer Buchhandlungskonzession seinem Geschäfte auch in dieser Richtung eine Erweiterung geben konnte.

Franz Karafiat war auch ein Mitbegründer des Vereines der österreichisch-ungarischen Buchhändler: durch das Vertrauen seiner Mitbürger wurde er durch einige Jahre in den Gemeinderat der Landeshauptstadt Brünn gewählt.

Er starb am 4. Dezember 1892, 76 Jahre alt nach einem von treuer Berufsarbeit erfüllten und an Erfolgen reich gesegneten Leben.

In: Festnummer der österr.-ungar. Buchhändler-Correspondenz, Teil II, S. 75. Wien 1910.


Anmerkungen

[1] Zur ausführlichen Geschichte der Familie Karafiat siehe http://www.suedmaehren.at/kulturdatenbank/Die_Karafiats.

[2] Der Buchhändler, 9. Jg., Nr. 11/12/13, 11. April–1. Mai 1928, S. 57–58.

[3] Der Buchhändler, 13. Jg., Nr. 13/15, 1.-21. 1932, S. 60.