Schlesische Verlagsanstalt W. Krommer, Freudenthal/Bruntál
W. Krommer, Freudenthal (Tschechisch-Schlesien)/Bruntál. Verlags-, Buch-, Kunst-, Musik- und Papierhandlung nebst Leihbibliothek und Buchdruckerei. Gegründet 1. Juli 1881 [Laut Perles‘ Adressbuch 1925: Gegründet 15. Juni 1881]. Filialhandlung in Karlsbrunn. Inhaber: Johann Krommer, Seit August 1922. Verlag des Schlesisch-Mährischen Volkskalenders und der Freudenthaler Zeitung (ADB 1926). Bis einschließlich 1942 im Adressbuch unverändert verzeichnet. Die Firma wurde Ende 1945 in Bitterfeld (Sachsen-Anhalt) neu gegründet und ist noch im Familienbesitz. Die Verlagsproduktion besteht vielfach aus heimatkundlichen und literarischen Werken in schlesischer Mundart.
Vor hundert Jahren entstand die erste Buchdruckerei in Freudenthal[1]
Im schlesischen und mährischen Bereich der Sudeten gab es bis zum Jahre 1848 weder eine Buchdruckerei noch eine Buchhandlung (Dudik, Entwicklung des Buchdrucks in Mähren).[2]
Schwer, sehr schwer wurde es der „Schwarzen Kunst“ gemacht, in unserer Heimatstadt Fuß zu fassen. Im Jahre 1849 hat sich ein gewisser Vinzenz Josef Niessner, ein gebürtiger Neu-Vogelseiferner, in Freudenthal Lettern angeschafft und druckte auf einer Presse aus Holz einige kleinere Drucksachen. Der Buchdrucker Trassler aus Troppau verklagte Niessner und die bei ihm gefundenen Lettern wurden beschlagnahmt. Darauf bewarb sich Niessner bei der k.k. schlesischen Landesregierung in Troppau um die Konzession zur Ausübung einer Buchdruckerei in Freudenthal, wurde aber in erster und zweiter Instanz abgewiesen, weil „das Bedürfnis für eine Druckerei in Freudenthal derzeit noch in Frage“ stand.
Der Troppauer Buchhändler Friedrich Bergmann errichtete 1860 in Freuden-thal eine Kommissionsbuchhandlung und setzte zu deren Leitung Josef Max Thiel ein. Dieser erwarb 1875 die Konzession zur selbständigen Führung einer Buch-, Kunst- und Musikalienhandlung und trug hiermit zur Hebung des Interesses der Bevölkerung für Literatur wesentlich bei. Später übernahm der ebenso kunst- wie musiksinnige Max Thiel, ein Sohn des Vorgenannten, die Buchhandlung, die nach dessen Ableben von seiner Witwe, Frau Marie Thiel, weitergeführt wurde (Hauptplatz 19, zuletzt Hobinka). 1862 errichtete der Buchdruckereibesitzer Karl Petschner aus Jägerndorf eine Filiale in Freudenthal, die als selbständige Buchdruckerei 1871 an Hartwig und Batka, Ende 1872 an Ignaz Hartwig überging (Kirchenplatz 12–13).
Am 16. Oktober 1881 wurde die erste Nummer des „Wochenblattes für Freudenthal und Umgebung“ als unpolitisches Blatt herausgegeben und 1886 in ein politisches umgewandelt. Holte man sich die Zeitung in der Druckerei ab, kostete die Nummer fünf Kreuzer, bei Zustellung durch Austräger – einem (sic) Hilfsarbeiter der Firma – sechs Kreuzer. Bis zum Jahre 1906 wurde mit der Hand „gesetzt“, dann wurde eine Setzmaschine (Linotype) angeschafft. Ignaz Hartwig d.J. führte außerdem schon 1904 die Lithographie (Steindruck) ein.
Eine zweite Buchdruckerei in Freudenthal errichtete Wilhelm Krommer im Herbst 1881. Diese gab ab 1904 die „Freudenthaler Zeitung, unabhängige deutsche Zeitung für die Sudetenländer“ mit wöchentlich zweimaliger Ausgabe heraus. Auch dieser Betrieb führte 1906 eine Setzmaschine ein. Angegliedert wurde noch eine Buch-, Kunst- und Musikalienhandlung, sowie eine moderne Leihbücherei. Nach dem Ableben von Wilhelm Krommer 1887 führte seine Witwe Therese Krommer die Firma weiter unter der Leitung von Rudolf Franke, der, als Erwin Weiser 1906 Redaktion und Schriftleitung übernahm, nach Troppau übersiedelte. Johannes Krommer, Sohn der Witwe Therese Krommer, übernahm nach dem Ableben seiner Mutter die Buch-, Kunst- und Musikalienhandlung, während Erwin Weiser als Redakteur, Schrift- und Verlagsleiter durch seine jugendliche, nie ermüdende Ausdauer und Schaffenskraft die Firma Wilhelm Krommer weit über die Grenzen unserer Heimatstadt zu Geltung und hohem Ansehen brachte, was auch schon des öfteren aus berufenerer Feder gewürdigt wurde. Neben seinen vielen sich selbst gestellten Aufgaben, gründete er im Jahre 1929 das „Freudenthaler Ländchen“, das bis heute in den 48 Gemeinden des Kreises Freudenthal, auch nach der Vertreibung in alle Himmelsrichtungen und ins Ausland, unsere Landsleute verbindet und jeden Monatsbeginn von allen Beziehern sehnsüchtig erwartet wird.
Das „Freudenthaler Wochenblatt“ der Firma Ignaz Hartwig stellte Anfang der zwanziger Jahre sein Erscheinen ein und der Betrieb blühte unter Führung von Ignaz Hartwig d.J. als Buchdruckerei, Lithographische Anstalt und Steindruckerei ebenfalls neu auf.
Wo sind sie alle geblieben, die Lieben …“, so beginnt ein Liedchen, das lange vor der verbrecherischen Austreibung gesungen wurde, und diese Frage stellt sich millionenfach in unserer heutigen so friedlosen Welt. Joh. Krommer, Buchhändler, feinsinnig, vornehmen und ruhigen Wesens, verstarb am 25.8.1949 in Bitterfeld, DDR. Ignaz Hartwig, ehem. Reserveoffizier des 15. Schützen-Infanterie-Regiments, Troppau, kerzengerade und aufrecht, 1,90 Meter groß, so sah ich ihn, als er in Jägerkleidung und mit nichts anderem als einem kleinen Rücksäckchen und Spazierstock zum Abtransport ins Lager abgeholt wurde, mit unsäglicher Verachtung auf die Schergen herabblickend. Er starb 74jährig am 17.8.1955 in Ebenhausen. Erwin Weiser, Nestor der „Schwarzen Kunst“ in Freudenthal und nicht wegzudenken aus unserer verlorenen Heimat, mehrmaliger unschuldiger Häftling in Straf- und Konzentrationslagern, sprach in seinem letzten Lebensjahr öfter ganz leise vor sich hin: „Jetzt könnt mich der Herrgott schon bald holen.“ Sein Wunsch ging in Erfüllung. Er ist nach einigen schmerzlosen Tagen ohne es zu ahnen und ohne Bewußtsein, am 26.4.1968 in Dießen am Ammersee im hohen Alter von 89 Jahren still hinübergeschlummert.
Hundert Jahre Firma W. Krommer, Freudenthal/Altvater[3]
Am 1.7.1881 gründete Wilhelm Krommer in Freudenthal/Altvater, damals Österreichisch Schlesien, die Firma W. Frommer als Buch-, Kunst- und Musikalienhandlung, der auch eine Lehrbücherei angeschlossen war. Kurz danach wurde der Firma auch eine Verlagsdruckerei sowie Buchbinderei angegliedert. Herr [Wilhelm] Krommer starb leider schon nach 6jähriger Tätigkeit und seine Frau Theresia Krommer sah sich dadurch gezwungen, das Geschäft allein weiterzuführen. Sie tat das mit großer Umsicht und Verständnis und vergrößerte den Betrieb mit Hilfe ihrer tüchtigen Mitarbeiter, so daß außer dem Hauptbetrieb noch eine Filiale in der Piaristengasse in Freudenthal und eine weitere Filiale in Bad Karlsbrunn am Fuße des Altvaters eröffnet werden konnte. Aus der Ehe waren zwei Söhne hervorgegangen, die man zur Weiterführung des Unternehmens hatte ausbilden lassen. Fritz Krommer als Buchhändler und Johannes Krommer besucht die Graphische Lehr- und Versuchanstalt in Wien.
Als 1914 der erste Weltkrieg ausbrach, wurden beide Söhne zum Militärdienst eingezogen. Noch im gleichen Jahr fiel der jüngere Sohn Fritz. Der ältere Sohn kam in russische Kriegsgefangenschaft, aus der er erst 1921 nach großen Strapazen nach Hause zurückkehrte. 1922 übernahm Johann Krommer den Betrieb in Freudenthal und leitete ihn bis 1945. Seine Tochter Gerti legte 1941 in Reichenberg die buchhändlerische Gehilfenprüfung ab und trat daraufhin in das väterliche Geschäft ein.
Im Juli 1945 nach Beendigung des unseligen zweiten Weltkrieges, mußten alle Deutschen die Sudetenheimat verlassen. So traf es auch die Familie Krommer. In Wolfen fanden sie eine neue Bleibe. Bei einem Besuch in Bitterfeld entdeckten sie eine stillgelegte Buchhandlung in der Rathenaustraße und bemühten sich um eine Neueröffnung unter dem alten Firmennamen. Das war ein schwieriges Unterfangen. Aber sie fanden größte Unterstützung bei den Behörden sowie der Industrie- und Handelskammer in Halle und so konnte schon am 26.11.1945 die Neueröffnung der Buchhandlung W. Krommer stattfinden.
1946 bekam die Familie Krommer Zuzug und wohnte in Bitterfeld. Da wurde es dann etwas leichter. 1948 wurde die Firma W. Krommer in eine Handelsgesellschaft umgewandelt. Gesellschafter waren Johann Krommer und Frau Gerti Kubitschek, geb. Krommer. Johann Krommer starb leider schon 1949, und seine Tochter führte das Geschäft alleine weiter. Zum Glück war ihr Mann 1946 aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt und ihr eine große Stütze.
Die wirtschaftlichen Ereignisse brachten es mit sich, daß die Firma ab 1.1.1961 als Kommissionshändler des Volksbuchhandels in Halle arbeitete. Diese Zusammenarbeit hat sich bestens bewährt und so wünschen wir der Firma, daß sie noch viele weitere Jahre bestehen bleibt.
Verlagsproduktion
- Adam-Kappert, Karl: Hilgundis. Eine römische Novelle. Freudenthal: Krommer, [1937].
- Barinka, Gustav: Die Erbsünde. Ein schlesisches Volksstück in fünf Aufzügen. Freudenthal: Krommer, [1921].
- Bergmann, Wilhelm: Reste Deutscher Ordensburgen in Siebenbürgen nebst einer Geschichte des Deutschen Ritterordens in diesem Lande 1211–1225 und einem Anhange vom Regesten. Freudenthal, Österreichisch-Schlesien: Verlag von W. Krommer. Kammerbuchhändler Sr. k.u.k. Hoheit des Herrn Erzherzogs Eugen von Österreich, 1909.
- Bernau, Klemens [d.i. August Weißl]: Die Vorleserin. Theatergeschichtlicher Roman aus dem Leben Kaiser Josef II. Freudentahl, Freudenthaler Zeitung – Krommer, ohne Jahr (ca. 1925).
- Dostál, Josef: Geschmack und Anstand als Sittlichkeit in der äusseren Erscheinung. Eine Als-Ob-Betrachtung aus Deutschlands klassischer Zeit. Freudenthal: Krommer, 1921.
- Engelhardt, Franz: Johann Sebastian Bach. Eine Betrachtung über sein Leben und seine Werke anläßlich seines 250. Geburtstages. Freudenthal: Schlesische Verlagsanstalt Krommer, [1935].
- Freudenthaler Zeitung. Unabhängige deutsche Zeitung für Stadt und Land. Freudenthal: Krommer 1919–1920.
- Fritsch, Karl Wilhelm: Im Gesenke. Freudenthal: Krommer, o.J. [1920].
- Heeger, Viktor: 2 Stücke in einem Band: 1) Die Wunderkur. Schlesisches Volksstück in 2 Akten und einem Nachspiel mit schlesischem Volkstanz. 2) Hans Kudlich: Ein schlesisches Bauernstück aus der Robotzeit in drei Akten (1. Akt: In der Robotzeit um 1839, 2. Akt: die Reichstagswahlt in bennisch 24. Juni 1848, 3. Akt: Heimat ade! 9. März 1849). 2. Auflage. Freudenthal: Krommer, 1913, 1914. 2., 3. Auflage 1923.
- Heeger, Viktor: Geschichten vom alten Heiman. Weitere Erzählungen in schlesischer Mundart / Nachbindung. Freudenthal: W. Krommer, 1921.
- Heeger, Viktor: Geschichten vom alten Heiman. Heitere Erzählungen in schlesischer Mundart. Erw. Aufl., 11. und 12. Tsd. Freudenthal: Krommer, 1926.
- Holub, Johann: Cornelius Tacitus’ “Der Germanen Ursprung, religiöse Gebräuche und Sitten”. (Germanien i. J. 99 n. Chr.). Freudenthal: Krommer, 1899.
- Kubin, Maximilian: Bad Karlsbrunn. Freudenthal: Krommer, (1925).
- Lowag, Alois F.: Gobler Geschichtla. 20 humoristische Erzählungen aus dem Altvatergebirge in südschlesischer und nordmährischer Mundart. Freudenthal: Krommer, 1903.
- Lowag, Josef: Aus der Heimat. (= Josef Lowags Gesammelte Schriften). 5. Band, 2. Auflage. Freudenthal: Krommer, 1913.
- Lowag, Josef: Illustrierter Führer durch das Sudetengebirge, dessen Kurorte, Heilanstalten und Sommerfrischen mit besonderer Berücksichtigung des Bades Karlsbrunn. 1. Aufl. Freudenthal: W. Krommer, Verlagsbuchhandlung, [1903]. (J. Lowags Gesammelte Schriften, Bd. 3)
- Lowag, Josef: Josef Lowags gesammelte Schriften. Elfter Band Schuld und Sühne. Roman. 1. Auflage. Freudenthal: Verlagsanstalt W. Krommer, 1920.
- Maschke, Hans: Aus Österreichisch-Schlesien. Gedichte in schlesischer Mundart. 2. verm. Auflage. Freudenthal: Krommer, [1915].
- Neugebauer, Julius: Katalog der Lehrerbibliothek. Freudenthal: Krommer, 1898.
- Patigler, Johann: Quer durch den Peloponnes. A. v. W. Krommer in Freudenthal, 1897.
- Rochowanski, L.W.: Hämetgsang. (= Bund schlesischer und mährischer Mundartdichter). 1. Jahrbuch, 2. Auflage, Titelauflage. Freudenthal: Krommer (Eigenverlag), 1912.
- Schlesisch-Mährischer Volkskalender für Haus- und Landwirtschaft. Freudenthal: Krommer, 1918–1952.
- Schmidt-Braunfels, Josef: Der Freihof. 2. Aufl. Freudenthal: Krommer [1910].
- Sokl, Richard: Bliemlan ond Krättich aus’n Schlesierland. Ernste und heitere Gedichte in schlesischer Mundart. Freudenthal: W. Krommer in Kommission, o. Jahr [1937].
- Sokl, Richard: Das Kostümfest. Schwank in einem Aufzuge. Freudenthal: W. Krommer, [1927].
- Stauf von der March, Ottokar: Aus heimatlichen Bergen. Nordmährische Geschichten. Freudenthal: W. Krommer erzh. Kammerbuchhändler, 1908.
- Stolz, Hans: Liederhannes. Freudenthal: Schlesische Verlagsanstalt Krommer, (1924).
- Triebnigg-Pirkhert, Ella: Innere Welten. Erzählungen. 2. Auflage (Volksausgabe). Freudenthal: Schlesische Verlagsanstalt W. Krommer, 1924.
- Trull, Ernst: Oall’rhand Schnötzla. Gedichte und Sprüche in schlesischer Mundart und Schlesische Sprüchwörter. Freudenthal: W. Krommer, (1910).
- Weiser, Erwin: Reise- und Wanderbuch. Altvatergebirge, Spieglitzer Gebiet, Lautscher Höhlen, Burg Busau, Adlergebirge, Hutschiner Ländchen. Freudenthal: Krommer, 1930.
- Weiser, Erwin: Grapp und Arbesn. Sammlung von Gedichten und Erzählungen in schlesischer und nordmährischer Mundart nebst kurzen Lebensbeschreibungen der Verfasserinnen und Verfasser. Freudenthal: Schlesische Verlagsanstalt W. Krommer, 1931.
- Wilczek, Konrad: Bergluft. Mundartliche Dichtungen und Erzählungen. Freudenthal: W. Krommer erzh. Kammerbuchhändler, 1912.
Anmerkungen
[1] Otto Dittrich, in: Freudenthaler Ländchen (München), 43. Jg., Folge 8, August 1972, S. 350–351.
[2] Gemeint ist Beda Dudik: Geschichtliche Entwickelung der Buchdruckerkunst in Mähren von 1486 bis 1621. Brünn: Rohrer, 1879. Neben Krommer gab es in Freudenthal die am 15. Juni 1875 gegründete vollkonzessionierte Firma Josef M. Thiel (Besitzer 1925: Hermann Hobinka) als Buch-, Kunst-, Musikalien-, Musikinstrument- und Schreibmaterialienhandlung. Dieser dürfte insofern auch einen Verlag betrieben haben, als er auch lokale Ansichtskarten herausgegeben hat.
[3] In: Freudenthaler Ländchen (München), 52. Jg., November 1981, Folge 11, S. 492–493.
Siehe auch: Hundert Jahre Firma W. Krommer, Freudenthal/Altvater. Auszüge aus Briefen zur 100-Jahr-Feier der Firma W. Krommer, Freudenthal. In: Freudenthaler Ländchen (München), 52. Jg., Dezember 1981, Folge 12, S. 536–537.